Lebewesen im Meer reagieren offenbar schneller und deutlicher auf den Klimawandel als Tiere und Pflanzen an Land. Im Durchschnitt bewegen sich ihre Populationen aufgrund der Erwärmung 72 Kilometer pro Jahrzehnt polwärts, hat ein internationales Team von Forschern um Elvira Poloczanska vom CSIRO-Forschungszentrum in Brisbane, Australien ermittelt.
Landorganismen verschieben ihren Lebensraum anderen Studien zufolge im Mittel um sechs Kilometer pro Jahrzehnt, obwohl sich die Landmassen schneller als die Meere erwärmen.
Die Forscher haben Daten von 208 Studien in einer Meta-Analyse zusammengefasst. Insgesamt gut 1700 Beobachtungen aus den Jahren 1960 bis 2009 konnten sie so auswerten ( Nature Climate Change, online).
Es ging dabei nicht nur um die Grenzen des Lebensraums, sondern auch um die Lebensweise, etwa den Zeitpunkt von Algenblüten oder den Beginn der Brutzeit von Meeresvögeln. Die von solchen Ereignissen definierten Jahreszeiten verlagerten sich um gut vier Tage pro Jahrzehnt nach vorn - an Land beträgt die entsprechende Verschiebung zweieinhalb Tage pro Jahrzehnt.
In gut 80 Prozent der Fälle zeigten die untersuchten Arten genau das Verhalten, das Biologen im Zuge des Klimawandels von ihnen erwartet hatten. "Wenn das nichts mit dem Klimawandel zu tun hätte, müsste sich die Richtung 50:50 verteilen", sagt Wolfgang Kießling von der Universität Erlangen, der zum Autorenteam gehört.
Er möchte die Studie nicht als "Katastrophenmeldung" interpretiert wissen. "Ausbreitung an sich ist nichts Negatives. Im Durchschnitt hat sich der Lebensraum der Arten vergrößert." Die Grenze auf der Äquatorseite zog sich nämlich nur um 15 Kilometer pro Dekade zurück.