Der Weltklimarat ruft die Staaten der Welt zum dringenden Handeln gegen den Klimawandel auf. Die bereits international vereinbarte Grenze von maximal zwei Grad Erwärmung lasse sich zwar einhalten, betonten die Experten. Aber sie könnte wegen der zuletzt stark steigenden Emissionen schon 2030 außer Reichweite sein, wenn es bis dahin keinen effektiven Klimaschutz gebe, warnte das von den Vereinten Nationen eingesetzte Gremium (IPCC) am Sonntag in Berlin. Die Wissenschaftler hatten dort mit Vertretern von 120 Regierungen die Zusammenfassung ihres Berichts über mögliche Maßnahmen des Klimaschutzes abgestimmt. "Es gibt eine klare Botschaft: Um eine gefährliche Veränderung des Klimasystems zu vermeiden, müssen wir uns von der bisherigen Art des Wirtschaftens verabschieden", sagte Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, der die IPCC-Arbeitsgruppe geleitet hat.
Der Klimarat "stellt klar, dass die deutlich gestiegenen CO2-Emissionen der vergangenen zehn Jahre auf einen zunehmenden Anteil von Kohlekraft zurückzuführen sind. Daran hat Deutschland seinen Anteil", sagte die klimapolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Annalena Baerbock, zu dem Bericht. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sagte dagegen: "Deutschland kann eine wichtige Rolle spielen, wenn wir der Welt am praktischen Beispiel zeigen, dass Klimaschutz in einem Industrieland funktioniert."
Internationale Kooperation unabdingbar
Laut dem Weltklimarat ist ein Umsteuern möglich und bezahlbar. Im Mittel werde die Umstellung der Wirtschaft und vor allem des Energiesystems etwa ein Fünfundzwanzigstel des künftigen Wirtschaftswachstums kosten; allerdings werden Industrieländer deutlich mehr aufbringen müssen. Gefährliche Folgen für das Klima ließen sich nicht vermeiden, wenn einzelne Staaten nur eigene Interessen verfolgten - nötig sei internationale Kooperation.
Um die Zwei-Grad-Grenze mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens zwei zu eins einzuhalten, müsse das Niveau der Treibhausgase strikt begrenzt werden, so der IPCC. Am Ende des Jahrhunderts dürften sie einen Wert nicht überschreiten, der 450 Molekülen CO2 pro eine Million Luftteilchen (ppm) entspricht. Zurzeit sind aber bereits 400 ppm Kohlendioxid in der Atmosphäre. Um mehr Zeit für Maßnahmen des Klimaschutzes zu haben, könne das Niveau in der ersten Hälfte des Jahrhunderts auch auf Werte um 480 ppm steigen, wenn in der zweiten Hälfte CO2 aus der Atmosphäre entnommen werde.
In der Energiewirtschaft müssten Investoren ihre Strategien überdenken. Laut IPCC setzt erfolgreicher Klimaschutz voraus, dass bis 2029 jedes Jahr 30 Milliarden Dollar weniger in die Stromerzeugung aus fossilen Quellen wie Kohle fließen, als es bisher der Fall ist. Dafür erhielten CO2-arme Kraftwerke 147 Milliarden mehr pro Jahr. Als Optionen nennt der IPCC Kernkraftwerke, Kohlemeiler, deren Emissionen aufgefangen und eingelagert werden, und erneuerbare Energieträger wie Wind und Sonne.