Je mehr Alkohol Menschen im Blut haben, für umso attraktiver halten sie sich - so viel ist bekannt. Doch ein Team von Psychologen um Brad Bushman von der Ohio State University haben darüber hinaus festgestellt, dass sich dieser Effekt auch einstellt, wenn jemand nur glaubt, seine Getränke hätten Alkohol enthalten.
Für diese erstaunliche Erkenntnis wurde den Wissenschaftlern jetzt der Ig-Nobelpreis verliehen. Und auch wenn der Name der Auszeichnung ein Wortspiel ist, das andeutet, die Forschungsergebnisse seien "ignoble"(englisch für unwürdig oder schmachvoll), fühlen sich die Preisträger in der Regel durchaus geehrt.
Denn das Ig-Nobelkomitee an der Harvard University in Cambridge, Massachusetts, verleiht den Preis an Wissenschaftler, deren Forschung "die Menschen erst zum Lachen und dann zum Nachdenken bringt".
Die Studie, die unter dem Titel " Beauty is in the eye oft the beer holder" veröffentlicht wurde, ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass Forscher Humor haben (können). Darum geht es auch bei dem Preis: zu zeigen, dass Wissenschaftler Spaß verstehen und in der Lage sind, über sich selbst zu lachen.
Außerdem lenken die Forscher, von denen viele den Ig-Nobelpreis mit Freude jedes Jahr persönlich bei der Zeremonie an der Harvard University abholen, die Aufmerksamkeit auf durchaus ernsthafte Arbeitsgebiete.
Zugegeben, manchmal fällt es schwer, das nachzuvollziehen. So gilt die Bewunderung in manchen Fällen vermutlich auch eher dem persönlichen Einsatz der Forscher als dem Ergebnis selbst.
Brian Crandall und Peter Stahl etwa wurden in der Kategorie Archäologie dafür ausgezeichnet, dass einer von ihnen - wer, haben sie nie verraten - eine gekochte Spitzmaus im Ganzen (ohne Fell, dafür mit ein wenig Tomatensoße) verschluckte, um herauszufinden, was das menschliche Verdauungssystem mit den Knochen kleiner Tiere anstellt.
Bereits 1995 veröffentlichten die Wissenschaftler ihre Studie, für die sie jetzt endlich den verdienten Lohn erhielten. Das Ergebnis: Am Ende bleibt von einem Kleinsäuger so wenig übrig, dass Archäologen nicht darauf hoffen dürfen, bei Ausgrabungen Mäuseknochen als Reste menschlicher Nahrung zu finden.
Für den Alltag größere Relevanz dürfte da vielleicht die Studie haben, die thailändische Forscher über die " Chirurgische Handhabung einer Epidemie von Penisamputationen in Siam" veröffentlichten. 1983 hatten die Mediziner berichtet, dass es in Thailand zu einer großen Zahl von Penisamputationen gekommen war - "gewöhnlich vorgenommen von wütenden Frauen an ihren notorisch untreuen Ehemännern".
Sie stellten eine Technik vor, mit der sich das entfernte Körperteil "mit akzeptablen Ergebnissen" wieder mit dem Besitzer vereinen lässt - "außer in Fällen, in denen der amputierte Penis teilweise von einer Ente gegessen wurde", wie das Ig-Nobelkomitee erklärte. Den Preis in der Kategorie Öffentliche Gesundheit nahm stellvertretend für die Thailänder der US-Wissenschaftler Eric Maskin (Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften 2007) entgegen.
Posthum ausgezeichnet wurde auch der Amerikaner Gustano Pizzo. Er hat eine Methode entwickelt, mit der Flugzeugentführer außer Gefecht gesetzt werden sollen: Die Kidnapper fallen durch eine Klappe im Boden in ein Netz, werden durch eine weitere Klappe aus dem Flugzeug befördert, um dann an einem Fallschirm zu Boden zu schweben - wo sie die über Funk informierte Polizei erwarten soll.
Dass das Ig-Nobelkomitee aber nicht nur besondere wissenschaftliche Erkenntnisse rühmt, sondern auch originelle Ideen aus dem Bereich Politik zu schätzen weiß, belegt der Sieger in der Kategorie Frieden: Weißrusslands Präsident Alexander Lukaschenko wurde dafür ausgezeichnet, dass er 2011 das Applaudieren in der Öffentlichkeit verboten hat. Allerdings muss er sich den Preis mit seiner Staatspolizei teilen, die einen einarmigen Mann verhaftete, der angeblich geklatscht hatte.
Originell sind allerdings nicht nur die Erfolge der Preisträger. Auch die Zeremonie im Sanders Theatre der Harvard University unterscheidet sich deutlich von anderen Preisverleihungen. So wird die Veranstaltung damit eröffnet, dass die Zuschauer und anwesende Nobelpreisträger mit Papierfliegern auf eine menschliche Zielscheibe werfen. Die Preisträger haben nicht mehr als eine Minute, um etwas zu ihrer Forschung zu sagen, bevor sie von einem achtjährigen Mädchen (Sweetie Poo) vom Podium gequengelt werden ("Please stooop, I'm booored!"). Japanische Preisträger, die die Effekte von Opernmusik auf Herztransplantations-Patienten untersuchten - in diesem Fall handelte es sich bei den Betroffenen um Mäuse -, traten in Mäusekostümen auf.
Dann gibt es noch die Vorlesungen, in denen einige Wissenschaftler 24 Sekunden haben, um ihr Thema zu beschreiben und sieben Worte, um es zusammenzufassen. Und einer der Höhepunkte ist jedes Jahr eine Oper, in der dieses Jahr die Geschichte der Blonsky-Maschine in vier Akten erzählt wurde: Charlotte und George Blonsky (1925 Absolvent des MIT) hatten in den sechziger Jahren gesehen, wie ein Elefantenweibchen im Zoo sich vor der Geburt im Kreis drehte. So inspiriert entwickelte das Ehepaar eine horizontale Scheibe, auf der eine schwangere Frau fixiert werden sollte. In Drehung versetzt sollte die Scheibe über die Zentrifugalkraft der Gebärenden helfen, das Kind zu bekommen. Das Neugeborene, so der Plan, würde herausgeschleudert und von einem Netz aufgefangen. Gebaut wurde das patentierte Gerät jedoch nicht. Immerhin hat es 1999 den Ig-Nobelpreis erhalten.
Neben der Trophäe - in diesem Jahr ein Hammer hinter einer Glasscheibe mit der Aufschrift: "Im Notfall Scheibe einschlagen" - wurden die Preisträger erstmals zusätzlich mit einem Preisgeld belohnt. Jeder erhielt eine Zehn-Billionen-Dollar-Note. Ach ja, es handelte sich um Simbabwe-Dollar, die nicht mehr im Umlauf sind, nachdem festgestellt wurde, dass die Inflationsrate der Währung schneller war als das menschliche Auge. Für das Drucken von Geldscheinen mit immer mehr Nullen hatte Simbabwes Zentralbankdirektor 2009 übrigens den Ig-Nobelpreis in der Kategorie Mathematik erhalten.
Wer im kommenden Jahr selbst einmal bei der Zeremonie im Sanders Theatre teilnehmen möchte - als Zuschauer oder Preisträger - hier eine Empfehlung des Organisationsteams zum Dress-Code: "We suggest you wear clothing ..."