Hubschrauber:Fliewatüüt

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Der Eurocopter X3 verfügt nicht nur über den üblichen Rotor, sondern setzt zugleich Propeller ein. Die haben ihm ermöglicht, den Geschwindigkeitsrekord für Helikopter aufzustellen: 472 Kilometer pro Stunde.

Von Alexander Stirn

255 Knoten, 472 Kilometer pro Stunde. Damit das auch jeder mitbekommt, haben die Entwickler des silbrigen Hubschraubers die Ziffern fett aufs Heck ihrer Maschine geschrieben. 255 Knoten im Horizontalflug, das ist der neue Geschwindigkeitsrekord für Helikopter. Aufgestellt hat ihn die X3, ein experimentelles Fluggerät des europäischen Herstellers Eurocopter, vor zwei Wochen über Südfrankreich.

Bis Sonntag ist der Rekord-Hubschrauber - eine Mischung aus Helikopter und Propellerflugzeug - mitsamt dem markanten Schriftzug auf der Luftfahrtmesse in Le Bourget bei Paris zu sehen. Sollte sich seine Hybrid-Technik durchsetzen, könnte dies den Weg für eine neue Generation von Fluggeräten ebnen: schnell, vielseitig und vergleichsweise billig. Doch in Paris buhlen auch andere Neuentwicklungen um die Krone unter den Hubschraubern.

Dominique Fournier, einer der Testpiloten der X3, steht im orangefarbenen Overall vor seinem Fluggerät. Er ist - naturgemäß - voll des Lobes: "Die X3 ist so einfach und leistungsfähig wie ein Flugzeug, hat gleichzeitig aber die Vielseitigkeit eines Hubschraubers", sagt der Pilot, der beim Rekordflug als Versuchsingenieur an Bord war. Möglich machen das zwei Propeller, die zusätzlich zum Hauptrotor unter einer kurzen Tragfläche montiert sind.

Während bei einem herkömmlichen Helikopter der Rotor den Auftrieb erzeugt, durch ein Neigen nach vorne aber auch für Vortrieb sorgen muss, sind diese Aufgaben bei der X3 getrennt. Das erlaubt nicht nur deutlich höhere Geschwindigkeiten, es macht das Fliegen auch einfacher. "Bei einem konventionellen Hubschrauber müssen beim Beschleunigen ständig Höhe und Rotation korrigiert werden", sagt Fournier, "bei der X3 fallen diese gegenseitigen Einflüsse weg."

Etwa 150 Flugstunden hat das Rotor-Propeller-Fluggerät inzwischen absolviert, zehn weitere sollen hinzukommen. Dann hat der Experimental-Copter seine Schuldigkeit getan. "Unser vorrangiges Ziel war es nie, Rekorde aufzustellen. Wir wollten vielmehr zeigen, dass die X3 zwar schnell, gleichzeitig aber auch effizient fliegen kann", sagt Eurocopters Deutschland-Chef Wolfgang Schoder in Le Bourget. Das Ziel, 50 Prozent schneller als konventionelle Hubschrauber unterwegs zu sein, dabei aber nur 25 Prozent höhere Kosten zu verursachen, sei erreicht worden. Über Details schweigt sich Eurocopter allerdings aus.

Stattdessen soll nun nach Einsatzgebieten gesucht werden. Versorgungsflüge zu Ölplattformen, bei denen so wenige Flugminuten wie möglich verschwendet werden sollen, sind für Schoder denkbar. Oder Rettungshubschrauber, die in einer vorgegebenen Zeit jeden Ort ihres Versorgungsgebiets erreichen müssen. Eine höhere Geschwindigkeit würde weniger Hubschrauber an weniger Standorten bedeuten. Und damit weniger Kosten.

An die Kosten denkt beim "Project Zero" hingegen noch niemand: Ein paar hundert Meter von Dominique Fournier entfernt steht in Le Bourget das Vorzeigeprojekt des italienischen Herstellers AgustaWestland. Im Gegensatz zur X3 hat das futuristische Fluggerät mit seinen runden Formen gar keinen Hauptrotor mehr. Zwei in Tragflächen eingelassene Propeller, sollen hier sowohl den Auftrieb erzeugen, als auch - durch Kippen im Flug - den nötigen Vortrieb. Forschungschef James Wang betont in Paris zwar, das "Project Zero" sei derzeit lediglich als "fliegendes Labor" gedacht, die Technik könne aber in einen kommerziellen Hubschrauber mit Kipprotoren einfließen. Dessen angepeiltes Tempo: 300 Knoten.

© SZ vom 22.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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