Historische Tonaufnahme des Reichskanzlers:Wie Bismarck klang

Lesezeit: 3 min

Eine verschollen geglaubte Tonaufnahme Otto von Bismarcks taucht in den USA auf. Die Aufzeichnung entstand 1889 und offenbart, dass der Reichsgründer über Humor verfügte. Die Forschung spricht von einer Sensation.

Oliver Das Gupta

1889 ist kein leichtes Jahr für Otto von Bismarck. Der deutsche Reichskanzler und preußische Ministerpräsident kommt mit dem großspurigen neuen Chef nicht zurecht. Anders als dessen verstorbener Großvater Wilhelm I., der ächzte, es sei nicht leicht, Kaiser unter Bismarck zu sein, verschmäht ihn Wilhelm II. regelrecht. Ein Jahr später wird der Eiserne Kanzler seine Posten räumen.

Wilhelm II. und Otto von Bismarck, 1888

Nicht auf einer Wellenlänge: der deutsche Kaiser Wilhelm II. (li) und Reichskanzler Fürst Otto von Bismarck im Park von Schloss Friedrichruh im Jahre 1888.

(Foto: Scherl / SZ Photo)

Das Ende seiner Polit-Karriere ahnt er wohl schon, als der Fürst am 7. Oktober 1889 Besuch in seinem Schloss Friedrichsruh im heutigen Schleswig-Holstein bekommt. Adelbert Theodor Wangemann, ein gebürtiger Deutscher und Mitarbeiter des amerikanischen Erfinders Thomas Alva Edison, tourt mit einem Werk seines genialen Bosses durch Europa: Eine Apparatur namens Phonograph, mit dessen Hilfe Töne auf eine Wachswalze aufgezeichnet werden können. Der 74 Jahre alte Bismarck probiert es aus und rezitiert drauflos: Als Kaiser Rotbart lobesam, etwas Gaudeamus igitur und die Marseillaise - und das, obwohl es doch gerade Bismarck war, der den Krieg gegen Frankreich 1870/71 eingefädelt hatte.

So hört man den Alten - unter vielem Knirschen und Rauschen - auch knapp 123 Jahre später.

"Das ist eine Sensation", sagt Ulrich Lappenküper, der Chef der Bismarck-Stiftung zu Süddeutsche.de zu Recht. Denn die Aufnahme galt bislang als verschollen.

Entdeckung hinter Edisons Bett

1957 entdeckte man zwar in Edisons altem Laboratorium in West Orange im US-Bundesstaat New Jersey eine Box mit 17 Wachswalzen - hinter dem Bett, in dem der Erfinder seine Nickerchen machte, schreibt die New York Times.

Doch die Zylinder waren nur mit "Wangemann.Edison" gekennzeichnet, über den Inhalt fand sich nichts. Und so schlummerten ihre Geheimnisse bis ins Jahr 2012 - abgesehen von einer Walze, auf der der Komponist Johannes Brahms Klavier spielt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema