Frage der Woche:Kann es Tiere regnen?

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Immer wieder hört man Berichte von Fischen, Fröschen und anderen Tieren, die es aus dem Himmel regnet. Ist das tatsächlich möglich?

Markus C. Schulte von Drach

Wenn es in Großbritannien heißt: "Es regnet Katzen und Hunde", dann sollte der Besucher nicht damit rechnen, sich ein neues Haustier zulegen zu können. Was sollten das für Wolken sein, aus denen Säugetiere zur Erde fallen?

Hunde und Katzen regnet es eigentlich nie. Aber Frösche und Fische? (Foto: Bild: oh)

Andererseits hört man aus aller Welt immer wieder, dass es durchaus Tiere regnen soll. Insbesondere Fische, Frösche und Würmer prasseln angeblich auf die Erde - mal lebendig, mal tot, mal weich und mal gefroren.

So gibt es eine lange Reihe von Berichten und Hinweisen auf solche Vorfälle, die zurückgehen bis in die Antike. Manchmal wird zum Beispiel die zweite der zehn biblischen Plagen - "und es kamen Frösche herauf" - entsprechend interpretiert. Auch der römische Gelehrte Plinius der Ältere berichtete vom Froschregen.

Die Zahl der Berichte ist groß und neben Fischen und Amphibien sollen auch Quallen, Schnecken, Mäuse, Muscheln, Schildkröten, aber auch Tomaten, Getreidekörner, Nüsse, Kohlen und Getränkedosen vom Himmel gefallen sein.

Viele der älteren Berichte lassen sich leider nicht mehr überprüfen und sind vermutlich Unsinn. Insbesondere die historischen Beobachtungen des Froschregens gehen mit großer Sicherheit auf Phänomene wie Krötenwanderungen oder das lokale massenhafte Auftreten frisch geschlüpfter Frösche und Kröten zurück, wie Zoologen bereits im 19. Jahrhundert wussten.

Der Bericht des Plinius ist kein überzeugender Beleg - hielt der Römer doch auch den Feuersalamander für eines der gefährlichsten Tiere der Welt. Die biblische Froschplage ist historisch nicht belegt.

Doch einige Augenzeugen tierischer Niederschläge sind durchaus glaubwürdig. So berichteten etwa 1918 etliche Bewohner von Hendon, einem Vorort der britischen Stadt Sunderland, von einem Regen, der etliche tote "Kleine Sandaale" mitbrachte, die auf den Ort herunterfielen.

Die kleinen Fische treten in größeren Gruppen - sogenannten Schulen - vor der britischen Küste auf. Wie A. Meek vom Dove Marine Laboratory in Cullercoats damals im Fachmagazin Nature vermutete, könnte ein kleiner Wirbelsturm über dem Meer, eine Wasserhose, Tiere einer solchen Schule in die Höhe gesaugt haben. Über dem Land hatte der Sturm vermutlich nachgelassen und die Fische waren herabgefallen.

Wasser- und Windhosen galten bereits zuvor als mögliche Erklärung für die Fisch- oder Froschregenfälle. Sind es Fische, so fallen sie vermutlich aus einem Wirbelsturm, der einen ganzen Schwarm getroffen oder einen Zuchtteich leergesaugt hat.

Bei Fröschen ist vorstellbar, dass ein solcher Sturm zur Paarung versammelte erwachsene Tiere oder zuvor in großer Zahl geschlüpfte Jungtiere erwischt hat. Sonst ließe sich nicht erklären, wieso die Niederschläge meist aus Angehörigen einer einzigen Art bestehen.

Eine weitere Erklärung ist, dass eine Wasser- oder Windhose zwar viele verschiedene kleine Tiere und Gegenstände in die Höhe saugt, diese aber dann je nach Größe und Gewicht früher oder später zur Erde fallen. Gleich große Objekte wie Tiere einer Art würden dann mehr oder weniger gleichzeitig auf dem Boden ankommen, schwerere Gegenstände oder Lebewesen jedoch früher, leichtere später herunterfallen.

Dass die Tiere die Flugreise und den Sturz überleben sollten, ist allerdings kaum vorstellbar. Auch dass sie manchmal "aus heiterem Himmel" fallen sollen, ist seltsam. Rätselhaft bleibt auch, wieso noch niemand beobachtet hat, wie Fische oder Frösche oder andere Tiere in die Luft gelangt sind. Und unsere Suche nach Fotos oder Filmen, die einen der tierischen Niederschläge belegen, über die in den vergangenen Jahren in den Medien berichtet wurde, war vergeblich. (Wer solche Aufnahmen kennt: Bitte melden.)

Es sind übrigens nicht nur Tiere, die als ganz besonderer Regen für Aufsehen sorgen. Wie Beverly Billings Fenn 1997 im Newsletter der St. Louis Herpetological Society berichtete, hatte 1995 ein Tornado die Stadt Moberly in Missouri heimgesucht. Danach fielen im Norden der Stadt Keokuk im Nachbarstaat Iowa, 200 Kilometer entfernt, Getränkedosen vom Himmel, die der Sturm über einer Abfüllanlage bei Moberly in die Höhe gerissen hatte.

Dann bekommt man doch lieber einen Fisch auf den Kopf - tot oder lebendig.

Der Ausdruck "It's raining cats and dogs" beruht übrigens sehr wahrscheinlich nicht auf einschlägigen Erfahrungen der Briten mit entsprechenden Niederschlägen. In London wurden in der frühen Neuzeit nach schweren Regenfällen vielmehr häufig die Kadaver solcher Tiere in die Abflussrinnen geschwemmt. Das gemeinsame Auftreten der toten Vierbeiner und des starken Regens hat sich in diesem Spruch niedergeschlagen.

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