Evolution der Insekten:Chimäre aus der Kreidezeit

Stuttgarter Wissenschaftler haben in Brasilien ein rätselhaftes Ur-Insekt entdeckt. Ihr "Chimärenflügler" ist ein so ursprüngliches Insekt, dass es vermutlich schon vor 120 Millionen Jahren ein lebendes Fossil war.

Christoph Behrens

Die Flügelform einer Libelle, Beine einer Gottesanbeterin und Flügeladern einer Eintagsfliege:

Deutsche Wissenschaftler haben im Journal Insect Systematics & Evolution ein ungewöhnliches Insekt vorgestellt: Coxoplectoptera. (Foto: Staatl. Museum für Naturkunde S)

Wie aus vielen Arten zusammengeflickt sieht das Fossil aus, das Forscher vom Stuttgarter Naturkundemuseum (SMNS) auf einer Expedition in Brasilien gefunden haben.

"Chimärenflügler" oder Coxoplectoptera tauften Arnold Staniczek und Günter Bechly die neu entdeckte Insektenordnung deshalb ( Insect Systematics & Evolution, online).

Das ist ein sehr ursprüngliches Insekt", sagt Mitentdecker Staniczek, "vermutlich war es schon vor 120 Millionen Jahren ein lebendes Fossil".

Zu dieser Zeit jagte dieser ferne Verwandte der heutigen Eintagsfliege vermutlich andere kleine Insekten mit dolchartigen Mundwerkzeugen.

Die ebenfalls entdeckten Larven bergen neue Hinweise auf die Entstehung von Insektenflügeln: Die Forscher vermuten, die Flügel seien aus Kiemen entstanden, die an der Rückenplatte des Insekts aufsetzten.

Die Larve von Coxoplectoptera. (Foto: Staatl. Museum für Naturkunde Stuttgart)

Zugleich habe Coxoplectoptera aber zur Flügelbildung "Gene aus dem Beinbereich entlehnt", sagt Staniczek. Insektenkiemen und -flügel hätten damit einen gemeinsamen evolutionären Ursprung.

Auch die Lebensweise der Tiere ist rätselhaft. Die Larven konnten sich vermutlich im Untergrund von Flüssen eingraben und mit den langen Antennen kleinere Beutetiere aufspüren.

© SZ vom 20.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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