Medizintechnik:0,65 Volt aus der essbaren Batterie

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Prototyp: Man könnte diese Batterie zwar essen, aber zerkaut im Magen würde sie nicht mehr funktionieren. (Foto: G.Berretta / Istituto Italiano di Tecnologia)

Sensoren zum Schlucken für medizinische Untersuchungen sind eine tolle Idee - aber wie bekommen die Strom? Durch essbare und wiederaufladbare Batterien könnten in Zukunft Behandlungen schonender durchgeführt werden.

Von Marie Christin Essert

Nori-Algen, essbares Blattgold und Bienenwachs - was wie Zutaten für einen Appetizer in einem noblen Restaurant klingt, könnte auch die Grundlage für neuartige Batterien bilden. Eine Forschungsgruppe rund um den Ingenieur Mario Caironi vom Italienischen Institut für Technologie (IIT) hat das Konzept für solche essbaren Energiespeicher entwickelt und berichtet darüber im Fachblatt Advanced Materials. Caironis Forschungsschwerpunkt im Labor in Mailand liegt auf der Entwicklung von essbaren elektronischen Materialien für medizinische Anwendungen.

Andere Forschungsgruppen haben bereits erste schluckbare Sensoren entwickelt - die können allerdings nur mit herkömmlichen Batterien betrieben werden, wenn diese total verkapselt sind, da diese giftige Materialien enthalten. Deshalb müssen Batterien aus verträglichen Substanzen her. Die nun entwickelte Bio-Batterie könnte einst vor allem für die Untersuchungen des Magen-Darm-Traktes, aber auch für die Überwachung von Lebensmittelqualität eingesetzt werden.

Eine Spannung ab 1,23 Volt gilt als gefährlich für den menschlichen Körper

Im Unterschied zu gängigen Batterien bilden nicht Lithium und Eisensulfide die positiven und negativen Elektroden, sondern Vitamin B2 aus Mandeln (Riboflavin) und Quercetin, ein Inhaltsstoff von Kapern. Zwischen den Mandel- und Kaperninhaltstoffen läuft eine sogenannte Redoxreaktion ab: Das Quercetin gibt Elektronen ab und das Vitamin B2 nimmt diese auf - so fließt ein schwacher Strom, ähnlich wie in einer Kartoffelbatterie. Nur funktioniert diese mit schwer verdaulichen Elektroden aus Zink und Kupfer.

Die von Bienenwachs ummantelte Batterie enthält auch Aktivkohle, um die elektrische Leitfähigkeit zu erhöhen. Goldfolie dient als Kontaktpunkt zum Verbraucher, zum Beispiel einem Sensor. Um Kurzschlüsse zu vermeiden, befindet sich ein Separator im Inneren. Dieser besteht aus Nori-Algen, in die zum Beispiel auch Sushireis eingerollt wird.

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In verschiedenen Versuchen sind die italienischen Forschenden zu dieser Konstruktion aus essbaren Zutaten gekommen. So wurde beispielsweise mit dem Farbstoff Indigokarmin eine schlechtere Entladungsleistung als mit Vitamin B2 festgestellt. Ebenso wenig konnte Ellagsäure überzeugen, die man aus Granatäpfeln gewinnt. Sie ist zwar ebenso redoxaktiv wie das Quercetin , die Forschenden konnten diese Version der Batterie jedoch nicht wieder aufladen.

Die derzeitige Batterie hat eine Spannung von 0,65 Volt - eine herkömmliche Batterie vom Typ AA, wie man sie aus Weckern oder Wanduhren kennt, liefert zwischen 1,2 und 1,5 Volt. Eine Spannung ab 1,23 Volt gilt als gefährlich für den menschlichen Körper.

In ersten Laborversuchen erreichte die Stromstärke der wenige Zentimeter großen Batterie 48 Mikroampere für 12 Minuten, genug, um ein kleines LED-Lämpchen zum Leuchten zu bringen. Doch Caironi spricht bereits von der Weiterentwicklung der Batterien, sodass sie kleiner werden und eine bessere Leistung aufweisen.

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