Erderwärmung:Der Klimawandel ist schon da

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Im Fall der Dürre, hier am Mekong an der thailändisch-laotischen Grenze, kommen die Klima-Studien zu widersprüchlichen Ergebnissen. (Foto: Stringer/dpa)
  • Hurrikans in Hawaii, Dürre in Afrika oder Starkregen in Neuseeland - die US-Behörde für Ozeane und Atmosphäre NOAA hat für 28 Extremereignisse untersucht, inwiefern sie Folge des Klimawandels sind.
  • Besonders klar ist die Beweislage bei Hitzewellen.

Von Christopher Schrader

Vor knapp einem Jahr stand die australische Stadt Brisbane im Fokus der Weltpresse. Zum G-20-Gipfel waren Politiker wie US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel angereist. Die australischen Gastgeber versuchten zwar, das ihnen missliebige Thema Klimawandel klein zu halten, doch die globale Erwärmung drängte in Gestalt einer Hitzewelle mit Macht auf die Tagesordnung. Am zweiten Gipfeltag erreichten die Temperaturen 39 Grad Celsius; 27 Grad wären an einem solchen Frühlingstag zu erwarten gewesen. Verantwortlich war, wie australische Wissenschaftler jetzt belegen, auch der Klimawandel.

Früher fragten besorgte Bürger, heute fragt sich die Wissenschaft auch selbst

Bis vor Kurzem haben Klimaforscher diese Frage gehasst: Wenn Wälder brannten, Städte glühten, Felder vertrockneten oder anschwellende Flüsse Dörfer versenkten, dann rief bestimmt jemand an und wollte wissen: "Ist das schon der Klimawandel?"

Doch inzwischen stellen sich die Wissenschaftler die Frage selbst. Die US-Behörde für Ozeane und Atmosphäre Noaa gab am Donnerstag zum vierten Mal einen Sonderband heraus, in dem 28 Extremereignisse des Jahres 2014 darauf untersucht werden, ob der menschliche Einfluss auf das Klima etwas damit zu tun hatte ( Bulletin of the American Meteorological Society, online).

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In 18 von 32 Einzelstudien gibt es einen Effekt des Klimawandels

Die Ereignisse reichen von Hurrikanen in Hawaii über Dürre in Afrika bis zu Starkregen in Neuseeland. In 32 Einzelstudien sagen die Forscher neunmal nein, fünfmal vielleicht und 18-mal: ja, da gibt es einen Effekt des Klimawandels. Sie beeilen sich indes hinzuzufügen, sie sprächen von "probabilistischem, nicht deterministischem" Einfluss. Der Klimawandel macht Extremereignisse also wahrscheinlicher, aber er ist nicht allein für sie verantwortlich. Und die Wissenschaftler räumen auch ein, dass ihre Auswahl von Fallbeispielen nicht repräsentativ ist.

Besonders klar ist die Beweislage bei Hitzewellen. Im australischen Herbst 2014 habe der Klimawandel die extremen Temperaturen 23-mal so wahrscheinlich gemacht, rechnet ein Team vor. Um solche Vergleiche zu machen, nutzen die Forscher Klimamodelle, in denen sie die Menge an Treibhausgasen in der Luft frei wählen und den Klimawandel sozusagen abschalten können. Die Hitze beim G-20-Gipfel war allerdings nur um 44 Prozent wahrscheinlicher als sie in einer fiktiven Welt ohne globale Erwärmung gewesen wäre.

Bei Dürre ist das Bild durchwachsener. Sie kann durch mangelnden Regen, größere Hitze oder beides ausgelöst werden. Zwei Studien zur Trockenheit in Ostafrika 2014 kommen darum zu widersprüchlichen Ergebnissen. Den Wassermangel in Brasilien erklärt ein anderes Team durch steigende Bedürfnisse einer wachsenden Bevölkerung. Auch eine menschliche Ursache, aber eben nicht der Klimawandel.

Übermäßiger Regen hatte 2014 Großbritannien, Südfrankreich, Indonesien und Neuseeland getroffen. Nur für das letzte Beispiel glauben die Forscher, den Einfluss des Klimawandels belegen zu können, bei den europäischen Ländern liefert die Analyse nur ein "vielleicht", und die Regenfälle in der indonesischen Hauptstadt Jakarta seien nicht einmal ungewöhnlich gewesen.

Dagegen habe der Klimawandel einen extremen Wintersturm über dem Himalaja in Nepal begünstigt, sagt eine Studie. Das bisher seltene Zusammentreffen eines tropischen Zyklons im Golf von Bengalen mit einer kurzlebigen Wetterdepression, die dem Sturm den Weg zum Gebirge bahnte, werde in Zukunft häufiger vorkommen, so das Autorenteam. Im Oktober 2014 verloren dadurch laut Studie allein 43 Menschen in Lawinen ihr Leben. Im gleichen Monat wurde Europa von einem starken Sturm getroffen, der sich aus einem Hurrikan in der Karibik entwickelt hatte. Das, stellt eine Forschergruppe mit starker deutscher Beteiligung fest, war aber nicht so ungewöhnlich, wie es zuerst aussah. Winterstürme in Nordamerika und Hurrikane auf Hawaii seien aber sehr wohl durch den Klimawandel wahrscheinlicher geworden.

© SZ vom 06.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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