Cyclocarbon:Chemiker erzeugen ersten Ring aus reinem Kohlenstoff

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Ein Ring aus 18 Kohlenstoffatomen. (Foto: IBM Research)

An der Herstellung eines stabilen "Cyclocarbons" waren Forscher jahrzehntelang gescheitert.

Von Tobias Herrmann

Einen Ring herstellen, der nur aus Kohlenstoffatomen besteht: Diese Aufgabe, an der Chemiker seit Jahrzehnten scheitern, hat ein Team um Katharina Kaiser vom IBM-Forschungszentrum in Zürich nun gelöst. Wie die Wissenschaftler im Fachmagazin Science berichten, gelang es ihnen, aus 18 Kohlenstoffatomen eine stabile Ringstruktur zu erzeugen, ein sogenanntes Cyclocarbon. Die Chemiker synthetisierten zunächst eine chemische Verbindung aus 24 Kohlenstoff- (C) und sechs Sauerstoffatomen (O). Durch elektrische Stimulation entfernten sie anschließend sechs Kohlenmonoxidverbindungen (CO). Übrig blieb ein Cyclocarbon mit 18 C-Atomen.

Dabei klärten die Forscher auch, welche Bindungen die Kohlenstoffatome in einem Ring eingehen. Ein Kohlenstoffatom hat vier mögliche Bindungsstellen, an denen je ein Atom andocken kann. Daneben kann ein einzelnes Atom aber auch per Doppel- oder Dreifachbindung an Kohlenstoff binden. Da in einer Ringstruktur jedes Kohlenstoffatom nur zwei direkte Nachbarn hat, stellte sich die Frage, ob in einem Cyclocarbon jedes Atom eine Doppelbindung eingeht oder ob sich Einfach- und Dreifachbindungen abwechseln. Wie die Analyse des neu synthetisierten Moleküls ergab, trifft auf das Cyclocarbon offenbar Letzteres zu. Weitere Untersuchungen haben den Wissenschaftlern zufolge ergeben, dass der Kohlenstoffring extrem reaktionsfreudig ist. So konnten sie nur durch Anlegen einer leichten Spannung zwei benachbarte Cyclocarbone fusionieren.

In Ringform ist das 18-Kohlenstoffmolekül etwas vollkommen Neues. Das erste Molekül, das ausschließlich aus Kohlenstoffatomen besteht, ist es aber nicht. So besteht etwa Graphen aus nur einer Schicht Kohlenstoffatomen, was es zu den dünnsten chemisch möglichen Materialien überhaupt macht - und weshalb Chemiker die Verbindung gerne als "Wundermaterial" bezeichnen.

Anwendung findet Graphen beispielsweise bei der Herstellung von Kohlenstoffnanoröhren, sogenannten Nanotubes. Das dem Graphen strukturell ähnliche Graphit ist seit langem im Alltag präsent, es findet sich zum Beispiel in der Mine eines Bleistifts. Dass reine Kohlenstoffverbindungen äußerst stabil sein können, beweist der berühmteste Vertreter dieser Familie: der Diamant.

© SZ vom 22.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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