Roboter:Die Ablösung des Menschen

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Humanoider Roboter von Toshiba auf einer Messe in China, 2014.

(Foto: dpa)

Ob im Verkehr, bei Computerspielen oder im Krieg: Weil Maschinen schneller und zuverlässiger als Menschen reagieren, übernehmen sie immer mehr Aufgaben. Welche Folgen hat dieser Verlust an Autonomie?

Von Boris Hänßler

Mathilda Perez befindet sich auf der Flucht. Sie steigt mit ihrem Sohn Nolan in ein altmodisches Auto - eines, das sie selbst steuern muss. Niemand, der bei klarem Verstand ist, fährt noch solche Wagen, vor allem nicht mit Kindern. Autos, die nicht autonom fahren, sind gefährlich, da Menschen bei Gefahr zu langsam reagieren.

Perez muss es aber tun - denn in Daniel Wilsons Science-Fiction-Roman "Robocalypse" haben sich die Roboter gegen die Menschheit erhoben. Perez hat nur eine Chance zu überleben: Sie muss auf altertümliche Technik vertrauen, die auch ohne Software funktioniert. Dummerweise hat Perez keine Routine mehr darin. Sie sagt: "Ich hasse es. Ich möchte nicht die Kontrolle über das Auto haben. Ich möchte einfach ankommen."

Eine Roboterapokalypse steht uns noch nicht bevor, doch der Roman zeigt schon, wohin der Trend geht: Bereits seit Jahren delegieren die Menschen mehr und mehr Aufgaben an Maschinen und Software. Und das ist eine ebenso zwangsläufige wie zwiespältige Entwicklung.

Die Reaktionszeit von Maschinen ist berechenbar und immer gleich

Das beste Argument für die Maschinen ist ihre Schnelligkeit: Im Straßenverkehr etwa reagiert ein autonomes Bremssystem auf ein Hindernis noch ehe der Mensch auch nur einen Fluch ausstoßen könnte. Beim Militär fliegen Munition und Lenkwaffen schon seit Langem mit Überschallgeschwindigkeit. Die russisch-indische Rakete BrahMos-II, die 2017 in Betrieb genommen werden soll, rast mit 8575 Stundenkilometer etwa siebenmal schneller als jedes Geräusch durch die Luft. Solchen Angriffen lässt sich nur begegnen, wenn Computer die Verteidigung übernehmen. Das israelische System Iron Dome etwa identifiziert feindliche Raketen und schießt sie automatisch mit hoher Treffgenauigkeit ab.

Wie schnell und intelligent Computer reagieren, demonstrierten Programmierer im Februar 2015 anhand des Computerspiels Breakout. Ziel des Spiels ist es, mit dem Schläger einen Ball auf eine Mauer zu lenken, um sie nach und nach zu zerstören. Der Spieler gewinnt das Level, sobald er die Mauer abgeräumt hat. Im Laufe des Spiels wird der Ball schneller.

Die Entwickler des von Google im vergangenen Jahr gekauften Londoner Start-ups DeepMind ließen ihre künstlich intelligente Software auf Breakout los. Zu Beginn spielte sie schlecht. Doch dann begann sie von selber zu lernen. Nach 600 Trainingseinheiten traf die Software den Ball auch noch, als er so schnell über den Bildschirm raste, dass er für einen Menschen kaum noch sichtbar war.

Die Reaktionszeit von Maschinen ist berechenbar und immer gleich, die des Menschen nicht. Schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fand der niederländische Physiologe Franciscus Cornelis Donders (1818-1889) heraus, dass sich die menschliche Reaktionszeit verlängert, sobald das Gehirn auch nur einfachste Entscheidungen treffen muss.

In einem von Donders Experimenten sollten Probanden möglichst schnell einen Knopf drücken, sobald ein Licht aufleuchtete. Eine zweite Gruppe von Probanden sollte einen linken oder rechten Knopf drücken, je nachdem ob links oder rechts ein Licht leuchtete. Die Reaktionszeit verzögerte sich bei dieser simplen Aufgabe um durchschnittlich 100 Millisekunden.

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