Archäologie:Archäologen erwarten spannendes Grabungsjahr 2023

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Die Grabungshelfer Rüdiger Bärsch und Thai Nguy (r) legen bei Ausgrabungen einen vermutlichen Keramikbrennofen frei. (Foto: Christian Charisius/dpa/Archivbild)

Ein 10.500 Jahre altes Brandgrab, Hausfunde aus der römischen Kaiserzeit und vieles mehr - hinter den Archäologen in Schleswig-Holstein liegt ein arbeitsreiches Jahr. Und auch 2023 dürfte viel zu tun sein.

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Schleswig (dpa/lno) - Die Zahl der archäologischen Ausgrabungen in Schleswig-Holstein nimmt immer mehr zu. „Besonders der doch anhaltende Bauboom auf Gewerbe- und Neubauflächen, aber auch der Leitungsausbau, sind der Auslöser dafür“, sagte die Sprecherin des Archäologischen Landesamtes in Schleswig, Birte Anspach, der Deutschen Presse-Agentur. 2021 gab es demnach etwa 65 Voruntersuchungen und 9 Hauptuntersuchungen. 2022 waren es schon 78 Voruntersuchungen und 12 Hauptuntersuchungen. „In den Jahren davor waren es weniger“, sagte Anspach. „Wir dürfen also auf die nächsten Jahre gespannt sein, ob dieser Trend nach oben anhält oder ob es wieder abflaut.“

Die landeseigenen archäologischen Funde werden ans Museum für Archäologie Schloss Gottorf übergeben, wie dessen Direktor Ralf Bleile sagte. „Wir konservieren und magazinieren dieses Fundmaterial“. Pro Jahr bekomme das Museum um die 130.000 Objekte vom Archäologischen Landesamt und rund 2,5 Tonnen nicht gezählten Materials wie Flintabschläge und kleine Keramikscherben, die man nicht einzeln erfasst.

Auch 2023 haben die Experten des Landesamtes viel zu tun. „Die umfangreichsten Untersuchungen sind in Lohe-Rickelshof bei Heide im Zusammenhang mit dem dort geplanten Batteriezellwerk vorgesehen“, sagte die Landesamtssprecherin. Im Übergangsbereich von Geest zu Marsch werde die Freilegung mehrerer Siedlungen mit ehemaligen Pfostenbauten, Grubenhäusern und Siedlungsgruben unterschiedlichster Funktion aus der Römischen Kaiser- und Völkerwanderungszeit sowie dem frühen Mittelalter erwartet (etwa 0 - 1000 nach unserer Zeitrechnung (n. u. Z.)).

Hinzu kommen in Lohe-Rickelsdorf die in der Voruntersuchung nachgewiesenen Bestattungsplätze. „Es liegen Belege für eisenzeitliche oder jungbronzezeitliche Brandbestattungen und für die in Schleswig-Holstein außerordentlich selten nachgewiesenen Körpergräber aus der Völkerwanderungszeit (ca. 400 - 600 n. u. Z.) vor“, sagte Anspach.

Weitere Untersuchungen gibt es den Angaben zufolge beispielsweise 2023 unter anderem in Schmalensee (Kreis Segeberg), wo die letzten Reste eines Großsteingrabes aus der Jungsteinzeit (ca. 3500 v. u. Z.) auszugraben sein werden. In Hohenwestedt (Kreis Rendsburg-Eckernförde) soll ein Teil einer frühmittelalterlichen Siedlung bestehend aus ehemaligen Pfostenbauten und Grubenhäusern freigelegt werden. Und der Ausbau des Museums auf Schloss Gottorf in der Stadt Schleswig ermöglicht die Grabung von neuzeitlichen Baustrukturen auf der Schlossinsel. „Uns erwartet also ein spannendes Jahr 2023“, sagte Anspach.

Auch das zu Ende gehende Jahr hatte einiges zu bieten, vielerorts im Land fanden die Experten Spuren von Siedlungen, Grabstätten oder Hüttenarealen. Heraus steche hier die mehrmonatige Untersuchung in Heikendorf bei Kiel, „alleine die Befundmenge und das sehr hohe Fundaufkommen, mit denen die Kolleginnen und Kollegen zurechtkommen mussten, war außergewöhnlich“, sagte Anspach. Untersucht wurde eine Siedlung der Jüngeren Bronze- bis Vorrömischen Eisenzeit (ca. 1000 - 100 v. u. Z.). „Im Moment werden die zigtausend Befunde und Funde aufgearbeitet, vielleicht können im nächsten Jahr schon erste Ergebnisse präsentiert werden.“

Zudem haben Archäologen bei einer Ausgrabung im Duvenseer Moor im Kreis Herzogtum Lauenburg ein etwa 10.500 Jahre altes Brandgrab mit menschlichen Knochen entdeckt. „Wir haben den ältesten bekannten Norddeutschen“, sagte Ausgrabungsleiter Harald Lübke bei der Vorstellung des Fundes im Oktober. Mit Norddeutschland meinte er den Bereich nördlich der Mittelgebirge.

Für Anspach ist auch „die Siedlung in Süderbrarup der Wahnsinn“, sagte Anspach. So viele Hausbefunde aus der Römischen Kaiserzeit (ca. 100 - 400 n. u. Z.) auf einmal habe man nicht alle Tage. Zahlreiche Pfostengruben lassen sich zu mindestens zehn Hausgrundrissen und Zaunanlagen zusammensetzen. Es handele sich um mehrere ländliche Gehöfte mit Wohnstallhäusern. Die im März 2022 begonnene Hauptuntersuchung im Kreis Schleswig-Flensburg laufe noch bis weit ins nächste Jahr hinein.

© dpa-infocom, dpa:221229-99-42231/6

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