Zwischen den Zahlen:Ad-hoc-Probleme

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Auch Profis tun sich manchmal schwer: Die Deutsche Börse hadert mal wieder mit ihren Pflichten. Dumm gelaufen, könnte man jetzt sagen. Doch die Börse und Ad-Hoc-Mitteilungen haben schon eine gemeinsame Vergangenheit.

Von Felicitas Wilke

Wenn der Vorstandschef einer börsennotierten Aktiengesellschaft gefeuert wird oder wenn ein Super-Spieler den Börsen-Fußballverein Borussia Dortmund verlassen will, dann muss das Unternehmen alle seine Aktionäre gleichzeitig darüber informieren - und zwar unverzüglich. Ad-hoc-Publizität heißt das im Börsenjargon und betrifft alle Neuigkeiten, die den Kurs spürbar beeinflussen können. Sonst könnte der Trainer mit seinem Insiderwissen ja noch schnell Aktien verkaufen, bevor der Kurs kräftig zu fallen droht.

Bei der Deutschen Börse müssten sie diese Regeln eigentlich kennen, denn ihr Tagesgeschäft besteht ja: aus der Börse. Doch jetzt bekommt es der Dax-Konzern mit der Finanzaufsicht Bafin zu tun. Die überprüft, ob das Unternehmen die Öffentlichkeit rechtzeitig darüber informiert hat, dass es einen neuen Chef bekommt. Mitte November war bekannt geworden, dass Theodor Weimer, der Chef der Hypo-Vereinsbank, im neuen Jahr nach Frankfurt an die Börse wechselt. Doch weil mehrere Medien schon am Tag zuvor über die Personalie berichtet hatten, wussten offenbar schon einige davon - und könnten dieses Wissen zu ihren Gunsten ausgenutzt haben.

Dumm gelaufen, könnte man jetzt sagen. Jeder macht mal Fehler, sogar im eigenen, vermeintlichen Spezialgebiet: Telekommunikationskonzerne lassen ihre Kunden in Telefon-Warteschleifen hängen, Journalisten passieren peinliche Rechtschreibfehler und selbst der Mathelehrer wird mal von seiner Schülerin darauf hingewiesen, die Punkte in der Klausur falsch addiert zu haben.

Es ist nur so, dass die Deutsche Börse und Ad-Hoc-Mitteilungen schon eine gemeinsame Vergangenheit haben. Denn Theodor Weimer wechselt überhaupt erst zur Deutschen Börse, weil gegen Vorgänger Carsten Kengeter Ermittlungen wegen mutmaßlicher Insidergeschäfte laufen; es ging um die geplante Fusion mit Londoner Börse und Aktiendeals von Kengeter. Eine Ad-hoc-Mitteilung soll er Wochen zu spät veranlasst haben.

Kengeter trat deshalb zurück, Weimer soll kommen - und ad hoc gibt es wieder Probleme. Bei der Deutschen Börse können sie nur hoffen, dass der neue Chef einfach gar nichts tut, was es irgendwie wert wäre, gemeldet zu werden. Jedenfalls nicht ad hoc.

© SZ vom 02.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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