Daimler:Rente de luxe

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Zetsche brachte in seiner Amtszeit die Qualität wieder in Ordnung, versteht die Notwendigkeit neuer Arbeitsweisen, schuf Jobs und ist kundiger Ingenieur. (Foto: Swen Pförtner/dpa)

Daimler-Chef Zetsche erhält 4000 Euro Ruhegeld - pro Tag. Das befeuert erneut die Debatte um Managergehälter.

Von Max Hägler

Jetzt, wo die Debatte mal wieder losgeht um die hohen Gehälter und finanziellen Absicherungen von Spitzenmanagern und insbesondere jenes von Dieter Zetsche, da fällt einem auf: Was der Daimler-Chef vor wenigen Wochen einspielte, gedacht als kleines Späßle, das ist von der Realität gar nicht so weit weg. Zetsche, der Bühnen jeder Art nicht abgeneigt ist und um den Wert von Humor weiß und diesen auch beherrscht, wenn er nicht gerade übellaunig ist, hat zu Weihnachten ein kleines Video drehen lassen.

Wie man ihn seit einigen Jahren kennt - blaues Jacket, natürlich ohne Krawatte, Schnauzbart, schwarze Turnschuhe - sitzt der 65-Jährige da, bei einem fiktiven Bewerbungsgespräch - aber vor dem Schreibtisch, als Bittsteller. Weihnachtsmann will er werden, ein nettes Kokettieren mit seiner Anschlussverwendung, wenn er im Mai als Vorstandschef abtreten wird. Ein paar Möglichkeiten diskutiert er also an dem Tisch, man sinniert, wie schwer es ist loszulassen, und über neue Jobs. Der zu Rate gezogene Jogi Löw bescheinigt ihm "starke Physis und starke Präsenz", aber für einen Platz als Nationalspieler - da sei er doch zu langsam. Fabrikarbeiter? Zu ungeschickt. Formel-1-Fahrer? Zu ungelenk.

Gute Bilanz

Insofern bleibt tatsächlich: Weihnachtsmann! Für zwei Jahre erst einmal, sagt der Oberweihnachtsmann, eine Anspielung darauf, dass Zetsche danach in den Aufsichtsrat des Autobauers wechseln wird. Und der neue Arbeitgeber drückt dem Nachwuchsmann gleich noch mal ein großes Paket Wünsche in die Hand. "Es gibt einen guten Grund, wieso wir uns um die Zukunft nicht sorgen müssen", sagt der dann und schaut in die Kamera. "Sie."

Ein nettes Lob an die Mitarbeiter. Aber auch eines an sich selbst, der sich als erster Mitarbeiter versteht, auch wegen der 43 Jahre Betriebszugehörigkeit. Und der zugleich wohl keine großen, unerfüllten, materiellen Wünsche mehr haben dürfte in seinem Leben. Die Bild am Sonntag hat aus den Daimler-Geschäftsberichten Zetsches Rente errechnet, die auf sein jahrelanges Millionengehalt folgen wird. Vom Jahr 2020 an wird er gut 4200 Euro erhalten - pro Tag. Diese Summe ergebe sich aus einem jährlichen Ruhegehalt von einer Million Euro und einem Betrag aus dem Altersvorsorgesystem.

Es ist angeblich die höchste Betriebsrente, die ein Firmenchef je bekommen hat. Nun ist Zetsches Bilanz für den Laden vorbehaltlich der Dieselaffäre, die noch unaufgeklärt im Raum steht, sehr gut. Er brachte in den 13 Jahren seiner Amtszeit die Qualität wieder in Ordnung, versteht die Notwendigkeit neuer Arbeitsweisen, schuf Jobs und ist kundiger Ingenieur.

Dennoch reden die Leute nun: Hat der denn kein Gespür, was anständig ist? Die Frage stellt sich insofern, weil die Rente der 16 Millionen anderen Ruheständler in Deutschland 828 Euro beträgt. Pro Monat.

Dass Zetsche selbst um die Debatte weiß, ist anzunehmen. Er ist zwar gern gedrucktes Objekt der Wartezimmer-Medien ("Der Mann der die Frauen liebt"). Doch wenige andere Manager diskutieren so offen und gescheit über die kleinen und großen Weltläufte wie er. Die Notwendigkeit, Flüchtlinge auszubilden, die Sorge vor rechtsextremen Umtrieben und Nationalismus, die Situation von Lehrlingen, die Faszination über neueste Social-Media-Spielereien - Zetsche ist allein wegen seiner Gesprächsthemen schon noch irgendwie Teil der Bürgergesellschaft, im Gegensatz zu anderen Großverdienern.

Er selbst hat sich in seine Gehaltsdiskussion indes noch nicht eingemischt. Aber vielleicht wird er - zur Einleitung - auf das Filmchen von Weihnachten zu sprechen kommen, im Sinne der Selbstironie. Das ist noch keine Antwort, aber eine Haltung, die ihm zuzutrauen wäre.

© SZ vom 29.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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