Die Gema erfreut sich im deutschsprachigen Netz keiner großen Beliebtheit: Der Rechtestreit der Musikverwertungsgesellschaft mit dem Videoportal YouTube dauert nun schon einige Jahre. Die Folge: Nutzer hierzulande können auf viele Musikvideos nicht zugreifen.
Was bei YouTube-Nutzern für Wut sorgt, scheint auch Mitgliedern des Hacker-Kollektivs Anonymos ein Dorn im Auge: Am Montagvormittag kaperten diese die Internet-Seite der Gema und leiteten Besucher zu einer Grafik weiter, die der YouTube-Fehlermeldung stark ähnelt.
Statt des YouTube-Textes "Leider ist dieses Video in Deutschland nicht verfügbar" hieß es dort: "Leider ist diese Seite (nicht nur) in Deutschland nicht verfübar, da sie auf ein Unternehmen verweisen könnte, für das Anonymous die erforderlichen Freiheitsrechte nicht eingeräumt hat. Das tut uns leid. Nicht!"
Die Meldung ist mit dem Anonymous-Logo versehen, der deutsche Teil der Gruppe hat sich auf Twitter zu dem Angriff bekannt. Offenbar gab es zwischen den Technikern der Gema und den unbekannten Hackern einen größeren Kampf, da die Seite zwischendurch einige Male zurückkehrte, dann aber wieder das Logo zu sehen war. Stand 14 Uhr ist die Seite nicht erreichbar, die Gema hat in einer Stellungnahme angegeben, die Webpräsenz aus Vorsichtsgründen vom Netz genommen zu haben.
Streit mit YouTube eskaliert
Der Streit zwischen Gema und YouTube war in den vergangenen Monaten eskaliert: Seit Juni blendet die YouTube-Konzernmutter Google bei den gesperrten Videos ein, dass die Gesellschaft die "Musikrechte nicht eingeräumt hat". Die Organisation, die Komponisten und Texter von Musikwerken vertritt und die Verwertung der Rechte organisiert, hatte 2010 eine Musterklage gegen YouTube eingeleitet, die Google allerdings offensichtlich erst im Juni dieses Jahres erreichte.
Dabei geht es darum, ob und wie viel die Gema für jedes abgespielte Musikvideo bei YouTube erhält. Google möchte den Betrag möglichst klein halten, um weitere Verluste des defizitären Portals zu verhindern. Wie hoch die Forderungen der Gema tatsächlich sind, lässt sich nicht feststellen, da die Verhandlungen unter der Bedingung des Stillschweigens weiterlaufen.
Konzertierte Attacke bereits im Juni
Der Anonymous-Zorn trifft die Gema nicht das erste Mal: Schon im Juni brachten die Hacker die Internetseite der Gesellschaft zwischenzeitlich zum Absturz. Damals hatte allerdings eine konzertierte Distributed-Denial-of-Service-Attacke (DDoS) die Server lahmgelegt. Bei einem DDoS-Angriff werden von vielen verschiedenen Computern ständig Anfragen an eine Seite geschickt, bis diese zusammenbricht.
Dieses Mal erlangten die Hacker offenbar direkten Zugriff auf die Server von Gema.de und konnten eine Umleitung auf eine eigene Präsenz erreichen. "Beim aktuellen Angriff handelt es sich um eine echte Attacke auf die Inhalte des Webservers", sagte eine Gema-Sprecherin zu sueddeutsche.de. "Die Vorgehensweise der Hacker und die Auswirkungen der Attacke für Webseite und Infrastruktur der Gema konnten noch nicht abschließend untersucht werden."
Ein Zugriff auf die Datenbanksysteme sei den Hackern allerdings "bislang nicht gelungen".*
Artikel um 14 Uhr mit Gema-Stellungnahme ergänzt.