Wohnungsmarkt:Von wegen Corona-Knick

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Der Preisanstieg verlagert sich laut Branche gerade, von den leergekauften Städten in die Speckgürtel. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/picture alliance / dpa)

Immobilien steigen weiter im Preis, vor allem Einfamilienhäuser im Umland werden immer begehrter.

"Wer zahlt diese Preise eigentlich noch?" Das fragt sich selbst der große Immobilienfinanzierer Dr. Klein bei seiner jüngsten Analyse der süddeutschen Metropolregionen. Im zweiten Quartal dieses Jahres sind die Durchschnittspreise für Wohnungen und Häuser in München, Stuttgart und Frankfurt demnach schon wieder zehn Prozent höher als vor einem Jahr. In den vergangenen 15 Jahren haben sich die Preise insgesamt verdoppelt bis verdreifacht. Einzelne Führungskräfte aus Industrie und Banken hätten aber noch immer genug Geld, um die Preise zu zahlen, sagt der Dr.-Klein-Experte Roland Lenz.

Allen Übrigen bleibe nur die Flucht ins Umland - durchaus mit Folgen für das künftige Arbeitsleben. "Eine Arbeitskultur mit Homeoffice-Regelungen halte ich für irreversibel, da die meisten Eigentümer so weit rausgezogen sind, dass ein tägliches Pendeln eine große Belastung wäre", sagt Lenz. Und weitere Zahlen zeigen: Die steigenden Immobilienpreise sind kein reines Metropolen-Phänomen - und auch kein rein süddeutsches. Konnte die Corona-Krise dem Immobilienmarkt in Deutschland schon nichts anhaben, so rechnen die Experten nun auch noch mit Nachholeffekten. Laut einer Prognose des Hamburger Gewos-Instituts für Stadt-, Regional- und Wohnforschung wird der Immobilien-Gesamtumsatz im laufenden Jahr um 6,3 Prozent auf 311,1 Milliarden Euro steigen. Im bisherigen Rekordjahr 2020 hatte der Umsatz knapp 293 Milliarden Euro betragen. Treiber sind vor allem die Wohnimmobilien, deren Volumen vom Vorjahr voraussichtlich um 7,5 Prozent auf 237,7 Milliarden Euro wächst. Gleichzeitig werde die Zahl der Transaktionen nur leicht um 1,4 Prozent steigen.

Der Durchschnittspreis pro Kauf steigt also weiter. Eine Pause habe es im Corona-Jahr 2020 nicht gegeben, sagt Gewos-Experte Sebastian Wunsch. Das Marktgeschehen verlagere sich zunehmend aus den Großstädten in die Speckgürtel und in ländliche Räume. Besonders gefragt sind Ein- und Zweifamilienhäuser, für die Gewos im vergangenen Jahr ein Allzeithoch von bundesweit 259 300 Käufen registrierte. Die Preise sind damit weiter gestiegen, berichtet Gewos auf Grundlage der tatsächlichen Transaktionen. "Die Preisdynamik im Bereich des selbst genutzten Wohneigentums hat sich im Zuge der Corona-Pandemie noch einmal verstärkt. Mit 10,8 Prozent bei Eigenheimen und 7,2 Prozent bei Eigentumswohnungen haben wir in 2020 die stärksten Preiszuwächse seit Beginn unserer Aufzeichnungen in den 80er-Jahren festgestellt." Das bestätigt auch eine Untersuchung von Immobilienökonomen der Universität Regensburg im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Demnach betrug der Pandemieeffekt bei den Angebotspreisen für Eigentumswohnungen im bundesweiten Durchschnitt 0,7 Prozentpunkte, bei Ein- und Zweifamilienhäusern sogar 1,1 Prozentpunkt.

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