Wirtschaftspolitik:Projekt Herkules

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Die Regierung, die seit Juli in Griechenland an der Macht ist, hat große Pläne. Einige der Projekte sind durchaus umstritten.

Von Christiane Schlötzer, Athen

Es war im Juli, der neue Regierungschef Kyriakos Mitsotakis war gerade erst im Amt, da stand schon Spiros Latsis in seinem Büro. Latsis, Banker, Reeder, gilt als der reichste Grieche. Drei mal so groß wie das Fürstentum Monaco ist das Areal des alten Athener Flughafens Hellenikon. Hier wollen Latsis und seine Immobilienfirma Lamda das Gesicht Athens verändern: mit Luxusresidenzen, einer Marina, einem Casino, Hotels. Acht Milliarden Euro soll das Ganze kosten. Die Linksregierung von Alexis Tsipras, sagt Latsis, habe das Prestigeprojekt aus ideologischen Gründen blockiert. Mitsotakis versprach eilige Erledigung.

Der nächste Besucher, der mit der alten Regierung eine Rechnung offen hat, stand kurz danach vor der Tür: George Burns, CEO der kanadischen Bergbaufirma Eldorado Gold. Tsipras hatte 2017 die Goldsuche auf der Halbinsel Chalkidiki gestoppt, unter Hinweis auf Umweltbedenken. Auch Burns zeigte sich nach seinem Besuch in Athen hochzufrieden.

Viereinhalb Jahre hat Tsipras' Partei Syriza Griechenland regiert, am 7. Juli gewann die konservative Nea Dimokratia (ND) mit fast 40 Prozent die Parlamentswahl. Vor allem die Mittelklasse stimmte für die ND, sie hat in neun Jahren Krise durch Steuererhöhungen besonders gelitten. Tsipras, entgegen aller Erwartungen, sparte weltmeisterlich, er hinterließ den Nachfolgern einen Kapitalpuffer von 40 Milliarden Euro. Der soll nun als staatliche Garantie für die Sanierung der Banken dienen, die auf faulen Krediten von fast 80 Milliarden Euro sitzen. Der Titel der Operation verrät, dass dies nicht einfach wird: "Projekt Herkules".

Syriza ist noch dabei, sich in der Oppositionsrolle neu zu finden, derweil lautet das Mantra der Verlierer: Wir haben nicht alles falsch gemacht. Nikos Belavilas, Architekt und Stadtplaner, hat für die Regierung damals mit den Leuten von Latsis verhandelt. Dem Konsortium gehörten da noch chinesische und arabische Investoren an, die nun ausgestiegen sind. "Sie haben um jeden Quadratmeter gerungen", sagt Belavilas. Schließlich sei es gelungen, "und darauf sind wir stolz", etwa die Hälfte der 620 Hektar von Hellenikon für einen öffentlichen Park und andere Grünflächen zu sichern, "und einen von drei Kilometern Küste für einen freien Strand". Und, sagt Belavilas, "sie müssen bei Baubeginn auch mit dem Park anfangen". Belavilas, inzwischen Syriza-Stadtrat in Piräus, ist nicht grundsätzlich gegen das Megaprojekt, er fürchtet nur, dass sie jetzt das Casino bauen, "und dann geht wieder nichts weiter".

Der Hafen von Piräus ist schon Teil von Chinas Seidenstraßenplan. Nach den Frachtterminals baut der Pekinger Logistikkonzern Cosco nun den Passagierhafen um. Umstritten ist eine Shoppingmall, die Chinesen wollen sie an den Hafen setzen. Die Regierung zeigt sich offen für den Plan. Und sie will private Konzessionen für zehn weitere Seehäfen vergeben, von Alexandroupolis, an der türkischen Grenze bis nach Patras, ganz im Westen.

© SZ vom 28.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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