Wirtschaft kompakt:Die Aldi-Überraschung

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Der Lebensmitteldiscounter Aldi bricht mit einer jahrzehntealten Tradition. Außerdem: Bayer setzt den Rotstift an und baut in Deutschland viele Stellen ab. Das Wichtigste in Kürze.

Der Lebensmitteldiscounter Aldi Nord will seine eigenen Marken erstmals in der Geschichte des Unternehmens bewerben. Die Supermarktkette werde eine Werbekampagne in Zeitschriften wie Brigitte, Freundin und TV Movie unter dem Slogan "Marken exklusiv bei Aldi" starten, berichtete die Lebensmittel-Zeitung.

Aldi will erstmals für seine eigenen Marken werben. (Foto: APN)

Gleichzeitig sollten die neuen Marken in den Läden besser präsentiert werden. "Die Zeiten, in denen Ware im grauen Karton verkauft werden konnte, sind vorbei", sagte der Bevollmächtigte des Verwaltungsrates von Aldi Nord, Wilhelm Albers, der Zeitung.

Aldi will demnach durch die Werbekampagne und die neue Aufmachung die Qualität seiner Marken hervorheben: "Wir wollen dem Kunden auch über die verbesserte Aufmachung deutlich machen, dass wir eine hohe Qualität bieten", sagte Albers. Die Preise würden dabei aber nicht erhöht.

Der Pharma- und Chemiekonzern Bayer will in Deutschland in den kommenden beiden Jahren 1700 Arbeitsplätze streichen - auch bei seiner Berliner Tochter Bayer Schering Pharma. Wie viele Stellen in Berlin wegfallen sollen, stehe noch nicht fest, hieß es. Im Zuge einer geplanten Neuausrichtung mit Schwerpunkt auf Forschung und Vermarktung neuer Produkte würden alle deutschen Standorte der Gesundheitssparte Bayer Health Care von den Streichungen betroffen sein. Die Einzelheiten müssten aber noch mit der Arbeitnehmervertretung besprochen werden.

Bei Bayer Health Care, die zu einem großen Teil aus der ehemaligen Berliner Schering AG gebildet wird, sollen nach Konzernangaben 700 Stellen entfallen. Schering wurde 2006 von Bayer übernommen. Seit der Fusion wurden in der Bundeshauptstadt etwa 1000 Stellen abgebaut. Es sind jetzt noch rund 4500. Erst vor zehn Tagen hatte Bayer angekündigt, den Traditionsnamen Schering verschwinden zu lassen. Das Pharmageschäft wird künftig nur noch unter der Marke Bayer Health Care geführt.

Weltweit sollen bis 2012 rund 4500 Stellen wegfallen, davon allein 1700 in Deutschland. Im Gegenzug sollen 2500 Arbeitsplätze in Schwellenländern aufgebaut werden. Unterm Strich schrumpft damit die Bayer-Belegschaft von derzeit 108.700 Mitarbeitern um 2000.

In Deutschland sind betriebsbedingte Kündigungen nach einer früheren Vereinbarung mit den Arbeitnehmervertretern bis Ende 2012 ausgeschlossen. Dekkers begründete den Schritt mit einem Innovations- und Investitionsprogramm, für das die notwendigen Mittel "durch eine gezielte Umschichtung von Ressourcen sowie durch Effizienz- und Sparmaßnahmen aufgebracht werden". Außerdem macht Bayer die Gesundheitsreform für einen steigenden Umsatz- und Ergebnisdruck wegen Nachahmerpräparaten (Generika) sowie steigende Entwicklungskosten für die Einschnitte verantwortlich.

Dem früheren Chef der Karstadt-Mutter Arcandor, Thomas Middelhoff, steht Zeitungsberichten zufolge ein neuer Gerichtstermin bevor. Ein Anleger, der mit Arcandor-Aktien mehr als 50.000 Euro verloren habe, werfe ihm vor, die Situation des Konzerns geschönt zu haben.

Mit der Schadenersatzklage befasse sich das Landgericht Essen am 6. Januar, berichten die Zeitungen der WAZ-Mediengruppe. Im Mittelpunkt stehe der Kurswechsel von Arcandor im September 2008, als der Konzern eine Kapitalerhöhung beschlossen hatte und daraufhin die Aktie eingebrochen war.

Ein Anwalt Middelhoffs wies die Vorwürfe zurück. Er sagte den "WAZ"-Titeln, sein Mandant habe sich "jederzeit korrekt zur Situation des Unternehmens und den laufenden Verhandlungen geäußert". Im Juli hatte schon Karstadt-Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg Klage gegen Middelhoff und weitere Manager eingereicht. Dabei ging es um 175 Millionen Euro Schadenersatz.

Der größte unabhängige deutsche Stromanbieter Teldafax wird zum Fall für die Strafverfolgungsbehörden. Dem Handelsblatt liegt eine Anzeige gegen den Vorstandsvorsitzenden Klaus Bath wegen Insolvenzverschleppung und Beihilfe zum Betrug vor, die bei der Staatsanwaltschaft Landshut eingegangen ist. Ein Sprecher der Behörde bestätigte der Zeitung auf Anfrage den Eingang der Anzeige, wollte sich zu Details jedoch nicht äußern. Die Prüfung werde voraussichtlich noch Wochen dauern.

Neben Bath sei auch dessen Vorgänger Michael Josten angezeigt worden, schreibt das Blatt. Josten sitzt wegen einer früheren Verurteilung wegen Anlagebetrugs bereits in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal ein. Teldafax äußerte sich zu der Strafanzeige in Landshut nicht, teilte auf Anfrage jedoch mit, dass schon die Staatsanwaltschaft Bonn ein Überprüfungsverfahren gegen Bath eingeleitet habe. Derzeit bestehe jedoch kein Anfangsverdacht.

Die Anzeige wurde erstattet von dem Unternehmensberater Stefan Löhr aus Würzburg. Er hatte in den vergangenen Jahren gemeinsam mit Kollegen mehr als eine Million Euro von privaten Investoren bei der Fondsgesellschaft Debi Select angelegt. Von dieser seien Löhr zufolge Gelder unter anderem an das hochverschuldete Unternehmen Teldafax geflossen. Er könne nicht "ruhigen Gewissens zusehen, wie hier mit Geldern meiner Kunden umgegangen wird", sagte Löhr dem Handelsblatt.

Porsche muss mehrere hundert Millionen Euro Steuern nachzahlen. Die Dachgesellschaft Porsche SE müsse wegen Aktienoptionsgeschäften Steuer- und Zinszahlungen in Höhe von 626 Millionen Euro begleichen, teilte das Unternehmen mit.

Zu den Hintergründen wollte sich Porsche nicht äußern. Unternehmensbeobachter gingen aber davon aus, dass die Geschäfte nicht im Zusammenhang mit der geplatzten Übernahme von Europas größtem Autobauer VW stehen. Porsche habe sich damit in den Jahren 2007 und 2008 günstiges Geld am Kapitalmarkt besorgt, hieß es. Der Sportwagenbauer wollte die gescheiterte VW-Übernahme in großen Teilen über Optionsgeschäfte stemmen.

Die Schwaben hatten gegen den Bescheid der Finanzbehörden zwar zunächst Einspruch eingelegt, zur Sicherheit aber bereits Geld zurückgelegt. Diese Rückstellung von insgesamt rund 1,35 Milliarden Euro wird nun aufgelöst. Die übrigen 719 Millionen Euro werden in dem von August bis Ende Dezember 2010 laufenden Rumpfgeschäftsjahr beim Nachsteuerergebnis als Sondereffekt positiv zu Buche schlagen.

Zuletzt war Porsche-SE- Chef Martin Winterkorn von einem ausgeglichenen Ergebnis ausgegangen, 2011 wird wieder ein Gewinn angepeilt. Wegen der Belastungen im Zuge der geplanten Verschmelzung mit Volkswagen verbuchte die Holding, unter deren Dach die Porsche AG und die Anteile der Stuttgarter an VW gebündelt sind, im Ende Juli abgelaufenen Geschäftsjahr ein Minus von 454 Millionen Euro.

Im Jahr zuvor war es noch ein Verlust von 3,6 Milliarden Euro. Nach dem verlorenen Übernahmekampf war beschlossen worden, das Geschäftsjahr bei Porsche von 2011 an wie bei Volkswagen an das Kalenderjahr anzupassen. Der Sportwagenbauer soll in den VW-Konzern integriert werden. Dabei kämpfen die beiden Unternehmen aber mit massiven Problemen wie Schadenersatzklagen sowie ungeklärten steuerlichen und rechtlichen Fragen.

In acht Jahren will Volkswagen der weltgrößte Autobauer sein. Für dieses Ziel steckt der Konzern viele Milliarden in frische Modelle, moderne Werke und neue Technologien. In den kommenden fünf Jahren sollen 51,6 Milliarden Euro in Produktion und Entwicklung gesteckt werden. Die mittelfristige Investitionsplanung des Unternehmens sieht bis 2015 Sachinvestitionen von 41,3 Milliarden Euro vor. Davon will der größte europäische Autobauer mehr als die Hälfte in Deutschland ausgeben. Die übrigen 10,3 Milliarden Euro gingen in die Entwicklung, teilte VW nach einer Sitzung des Aufsichtsrates mit. Zusätzlich will der Konzern mit seinen Gemeinschaftsunternehmen in China von 2011 bis 2015 weitere 10,6 Milliarden Euro investieren.

Mehr als zwei Drittel der Sachinvestitionen fließen den Angaben zufolge in die Modernisierung und Erweiterung der Produktpalette aller Marken. Schwerpunkte dabei seien neue Fahrzeuge, Nachfolgemodelle und mehr unterschiedliche Versionen auf Basis der Baukastentechnologie. Darüber hinaus will VW in den kommenden fünf Jahren verstärkt in neue Fabriken, die Modernisierung von Presswerken sowie Lackierereien und Montagen investieren. In den USA soll 2011 ein neues Werk eröffnet werden, in Mexiko entsteht bis 2013 eine neue Motorenfabrik.

Für die nächsten Jahre plant VW insgesamt mehr als zwei Dutzend Neuheiten. Der Kostendruck ist enorm. Neue Antriebe wie Hybrid- und Elektromotoren erfordern ebenfalls hohe Investitionen. VW-Chef Martin Winterkorn betonte: "Der Volkswagen-Konzern wird die technologische Zeitenwende der Automobilindustrie an entscheidender Stelle mit gestalten und dazu weiter in umweltfreundliche Technologien, effiziente Antriebe und neue Modelle investieren."

Die Ziele der "Strategie 2018" würden konsequent weiter verfolgt. Bis 2018 will Volkswagen der größte und profitabelste Autobauer der Welt sein. Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) meinte, VW nähere sich seinem Ziel mit großen Schritten. Niedersachsen ist mit einer Sperrminorität von 20 Prozent Großaktionär bei Volkswagen. VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh sagte, die Investitionen sicherten die Beschäftigung an den Standorten.

Der ehemalige Woolworth-Manager Andrew Jennings soll offenbar neuer Chef von Karstadt werden. Der Aufsichtsrat des Warenhauskonzerns habe sich darauf geeinigt und werde ihn offiziell am 16. Dezember bestellen, berichtete das Manager Magazin in seiner Online-Ausgabe ohne Angabe von Quellen. Demnach soll Jennings Anfang 2011 den bisherigen Geschäftsführer Thomas Fox ablösen.

Karstadt lehnte einen Kommentar ab. Fox hat Karstadt durch die Insolvenz geführt und soll nach der Übernahme durch den Milliardär Nicolas Berggruen noch bis nächstes Jahr Chef bleiben. Danach soll ein Handelsexperte das Ruder übernehmen. Wann genau es dazu komme, sei offen, hatte Fox am Mittwoch Reuters gesagt. "Da suchen wir."

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