Wirecard:Sie können auch Technik

Lesezeit: 2 min

Der Stammsitz des Dax-Konzerns im Münchener Vorort Aschheim. (Foto: Michael Dalder/Reuters)

Der Zahlungsdienstleister Wirecard war monatelang unter öffentlichem Beschuss. Jetzt versucht das Unternehmen auf einem "Innovation Day" zu erklären, was es eigentlich macht.

Von Harald Freiberger, München

Endlich soll es bei Wirecard einmal nicht um mögliche Manipulationen von Geschäftszahlen in Singapur gehen, um staatsanwaltschaftliche Ermittlungen oder den Einbruch des Aktienkurses. Kaum ein Unternehmen stand in Deutschland je so stark unter öffentlichem Beschuss wie der Zahlungsdienstleister aus Aschheim in den vergangenen Monaten. Am Dienstag hat er in die Münchner Innenstadt zum "Innovation Day" geladen.

Die Absicht ist klar: Nach all den negativen Dingen will man sich endlich auf Inhalte konzentrieren. "So oft versteht man nicht, was wir tun", formuliert es einführend Susanne Steidl, die im Vorstand für Produkte verantwortlich ist.

Gute Frage: Was macht Wirecard eigentlich genau? 2018 wickelte das Unternehmen auf der ganzen Welt Zahlungen im Wert von 125 Milliarden Euro ab, was zu einem Umsatz von zwei Milliarden Euro führte. Das heißt, dass von jeder Transaktion rund 1,5 Prozent Umsatz hängen blieben. Der Konzerngewinn lag bei 560 Millionen Euro. 5850 Beschäftigte arbeiten für Wirecard, mehr als die Hälfte davon in Asien.

Die Geschäftssprache in solch einem globalen Konzern ist Englisch. Managerin Steidl redet nicht von "Zahlungen", sondern von "Payments". "Payment ist nicht einfach so was Abstraktes, Digitales, es berührt jeden von uns", sagt sie. Und so hat Wirecard beim "Innovation Day" zu Schnittchen mit Käse und Schinken sieben "Showcases" aufgebaut, also Beispiele, die das eigene Geschäft konkret machen sollen. Eines zeigt die Zahlungs-App Boon. Mit ihr können Kunden in Läden über das System der Kreditkarte Mastercard per Smartphone oder Swatch-Uhr bezahlen, und zwar kontaktlos, also nur, indem sie ihr Gerät in die Nähe des Händlergerätes halten. Der Vorteil ist, dass sie dafür nicht einmal ein Bankkonto benötigen.

Der Kunde soll nichts mehr vom Bezahlvorgang merken

Ein anderes Beispiel ist ein Einkaufswagen mit einem Display, den Wirecard und die Deutsche Telekom gemeinsam entwickelt haben. Darauf lässt sich per Smartphone eine Einkaufsliste programmieren. Das Display zeigt dann an, wo die einzelnen Produkte im Supermarkt stehen, bezahlt wird per integriertem Scanner. Der Kunde muss also am Ende nicht einmal mehr an der Kasse Schlange stehen.

Dann eine Technik, die mit Kamera und Gesichtserkennung arbeitet - vorausgesetzt, der Kunde hat sich vorher registrieren lassen. Wenn er nun ein Produkt aus dem Regal nimmt, wird der Betrag automatisch von seinem Konto abgebucht. An einer anderen Ecke wird das digitale Preisschild demonstriert: Ein kleines Display informiert über das Produkt, bezahlen lässt sich per Smartphone. Die Mitarbeiter brauchen keine Preisschilder mehr zu kleben, die Kunden nicht mehr an die Kasse zu gehen. Zwei Modellprojekte gibt es bereits, eins in Deutschland und eins in Österreich.

"Ein großer Trend ist Invisible Payments - also das Bezahlen mit Smartphones ohne Kassen", sagt Jörn Leogrande, Chef des Wirecard Innovation Labs, in dem Zukunftstechnologien entworfen werden. Der Kunde leitet den Bezahlvorgang nicht mehr aktiv ein, die Transaktion läuft im Hintergrund automatisiert. Es bestehe dabei keine Gefahr, dass es zu Fehlbuchungen kommt: Der Preis werde vorher auf einem Display angezeigt, in Echtzeit gebe es eine Zahlungsbestätigung.

"Wir arbeiten an Prozessen, die das Leben für Kunden einfacher machen", sagt Leogrande. Und Managerin Steidl resümiert: "Wir haben den Luxus, in einer Branche zu arbeiten, in der immer mehr in elektronische Bezahlung überführt wird." Das ist wirklich einmal eine positive Nachricht nach all den schwierigen Monaten.

© SZ vom 15.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: