Werbung:Dummes Prinzesschen, mutiger Krieger

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Auch mit diesem Vorurteil wird gern Werbung gemacht: Männer, die mit Hausarbeit heillos überfordert sind. (Foto: imago)

Zementiert die Werbung Geschlechterstereotype? Der Schmähpreis "Goldener Zaunpfahl" prangert Kampagnen mit tradiertem Rollenbild an.

Von Angelika Slavik, Hamburg

Zwei T-Shirts für Kinder. Eines ist pink, zeigt einen kuscheligen kleinen Hasen, darunter steht: "I feel cute" - ich fühle mich süß. Das zweite ist weiß, darauf sieht man einen Alligator und die Aufschrift "I'm hungry", ich bin hungrig. Kleine Quizfrage: Welches T-Shirt wird auf dem Werbefoto von einem Jungen und welches von einem Mädchen getragen?

Klar, das Mädchen trägt pink und Häschen, das Foto ist betitelt mit dem Wort "Kuscheltier". Sie ist die Süße. Der Junge trägt den Alligator und bekommt die Überschrift "Wildtier". Er ist der Mutige.

Werbekampagnen wie diese vom Spielwarenhändler Mytoys spielten nicht nur mit Geschlechterklischees, sondern zementierten sie, so prangern es Kritiker immer wieder an - und genau das mache es so schwierig, echte Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern zu erreichen. Weil sich das Bild vom anschmiegsam-sanften Weibchen und dem aggressiv-machtbewussten Kerl eben einpräge, mitunter schon bei den Kleinsten. Und weil das eben Folgen habe: Bei der Frage, welche Karrieren sich Menschen später selbst zutrauen, welche Rollenmodelle sie für selbstverständlich halten, welche diskriminierenden Strukturen sie nicht nur akzeptieren, sondern vielleicht nicht einmal bemerken.

Die Frage lautet: Ist die Werbung also mit schuld daran, dass gesellschaftliche Verhältnisse immer noch von Rollenklischees beeinflusst werden? Oder ist die Werbung nur ein Spiegel der gesellschaftlichen Realität?

Es gibt jedenfalls verschiedene Initiativen gegen die Verwendung solcher Rollenklischees in der Werbung. Zu den bekanntesten gehört die Organisation "klische*esc", die seit 2017 den Schmähpreis "Goldener Zaunpfahl" verleiht. In diesem Jahr hat sie gleich sieben Unternehmen benannt, die sich aus ihrer Sicht für die unrühmliche Auszeichnung qualifiziert haben. Die Liste zeigt: 2020 ist vielleicht vieles anders, aber der Hang der Werbebranche zum tradierten Geschlechterbild hat sich offenkundig nicht verändert.

Neben Mytoys gehört zu den Nominierten etwa die Baumarktkette Obi, die pinke Putzeimer mit der Aufschrift "Wenn der Prinz nichts macht, muss die Prinzessin ran" verkauft. Sexismus bleibe Sexismus, "auch wenn er als Ho-Ho-Witz verpackt" daherkomme, kritisiert die Organisation. Ebenfalls unter den Geschmähten: Die Firma Scout, die Schulranzen streng nach Geschlechtern getrennt verkauft, und das Unternehmen Depeche, das für eine "Top Model"-Produktlinie "dünne Körper und emotionslose Blicke" als Schönheitsideal für Achtjährige propagiere. Außerdem die Zahnärztekammer Westfalen-Lippe, die auf einem Plakat fragt: "Weiß Ihre Tochter eigentlich schon, was sie werden will?", um dann eine Ausbildung zur Zahnarzthelferin vorzuschlagen. Das impliziere nicht nur, dass die Söhne gar nicht erst infrage kommen - die Frauen werden nicht einmal direkt angesprochen.

Auch auf der Liste: Bonduelle, das seinen "Gartensalat" mit dem Bild einer Grünzeug essenden Frau verkauft, die sich mit einem ungepflegten Kerl an ihrer Seite rumschlagen muss: Anders als der Kerl sei der Salat "knackig wie am ersten Tag" und komme außerdem "auf dem schnellsten Weg zur dir nach Hause" kalauert das Unternehmen.

Und dann ist da auch noch die Supermarkt-Kette Edeka. Sie hat mit ihrem Spot zum Muttertag viel Aufsehen erregt: Sie zeichnet ein Bild vom überforderten, grobmotorischen, unsensiblen und - natürlich - ungepflegten Mann, der auch an grundlegenden Aufgaben der Kinderbetreuung scheitert. "Danke, Mama, dass du nicht Papa bist" sagt eine Kinderstimme aus dem Off. Schon vor der Nominierung für den Goldenen Zaunpfahl hat Edeka dafür eine Menge Kritik einstecken müssen.

Zur Wahrheit gehört, dass auch banale wirtschaftliche Gründe dazu beitragen, dass Werbung so gerne Klischees bedient: Denn die Klischees kennen alle. Wenn Agenturen also in 30 Sekunden Werbezeit eine Geschichte erzählen wollen, ist es für sie praktisch, Muster zu nutzen, die bereits in den Köpfen der meisten Menschen verankert sind - ob bewusst oder unbewusst.

Über die Verleihung des Goldenen Zaunpfahls können Verbraucher online abstimmen unter 2020.goldener-zaunpfahl.de

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