VW und Porsche:In Feindschaft eng verbunden

Lesezeit: 4 min

Machtkampf pur: Der Clan der Porsches und Piëchs liefert seit Jahren Stoff für eine Familiensaga. Am Ende setzt sich immer einer durch: Cousin Ferdinand.

Hans Leyendecker

Aus diesen Tagen ist der Öffentlichkeit ein eindrucksvolles Foto der beiden mächtigsten Vertreter des Porsche-Piëch-Clans überliefert. Im Vordergrund links steht Ferdinand Piëch, der Aufsichtsratsvorsitzende von VW. Mit einem feinen, kleinen Lächeln schaut er zu Boden, wie so oft. Hinter ihm blickt sein Cousin Wolfgang Porsche, der Aufsichtsratschef der Porsche Automobil Holding SE, freundlich in die Kameras. Sein Lächeln wirkt nett. Als das Foto Anfang März dieses Jahres auf dem Autosalon in Genf aufgenommen wurde, hatte Wolfgang Porsche noch gut lachen. Die Holding, der er vorsteht, so schien es damals jedenfalls, hatte beste Chancen, das neue Führungsgremium für ein Autoreich von Porsche und VW zu werden. "Volkswagen wird ein Teil der Porsche Automobil Holding SE", hatte er noch vor gar nicht so langer Zeit in einem Interview erklärt.

Wolfgang Porsche (links) und Ferdinand Piëch (Foto: Foto: dpa)

Der Plan gilt nicht mehr

Der Plan ist Makulatur. Wolfgang und die anderen Porsches haben ein zu großes Rad gedreht. Nun ist es so gekommen, wie es immer kommt. Am Ende setzt sich einer durch: Ferdinand Piëch.

Die Piëchs und die Porsches, deren Stammbaum einigermaßen überschaubar ist, liefern schon seit vielen Jahren Stoff für eine einzigartige deutsch-österreichische Familiensaga. Ferdinand Piëch, Jahrgang 1937, und Wolfgang Porsche, Jahrgang 1943, sind im Zweiten Weltkrieg auf einem Gut in Zell am See gemeinsam aufgewachsen. Beide gehören zur dritten Familiengeneration, beide sind Österreicher.

Ihr Großvater war der Käfer-Konstrukteur Ferdinand Porsche, der in den dreißiger Jahren bei Fallersleben (das später den Namen Wolfsburg bekam) eine Autofabrik aufgebaut hatte. In den Tagen des Zusammenbruchs nahm Anton Piëch, ein gelernter Rechtsanwalt, der die Porsche-Tochter Louise geheiratet hatte, die wichtigsten Geschäftsbücher und 10,5 Millionen Reichsmark an sich und setzte sich ins Salzburger Land ab. Die Millionen sollten angeblich für die Auslagerung einer Wollkämmerei verwendet werden. "Da die aber nicht mehr zustande kam", sei das Geld "dann größerenteils für die Finanzierung der Porsche KG" verwendet worden, resümierten die Historiker Hans Mommsen und Manfred Grieger in dem Standardwerk "Das Volkswagenwerk und seine Arbeiter im Dritten Reich".

Nach dem Krieg wurden Großvater Ferdinand, sein Sohn Ferry und Schwiegersohn Anton von den Alliierten für einige Zeit festgenommen, die Verfahren wurden jedoch eingestellt. Tochter Louise Piëch formte das Autohandelshaus Porsche Holding in Salzburg. Ferry Porsche machte aus dem väterlichen Konstruktionsbüro, das in Zuffenhausen bei Stuttgart eingerichtet worden war, die heutige Porsche AG. Für jeden neuen Käfer erhielten die Porsches/Piëchs eine Lizenzgebühr von einer Mark.

Ferry arbeitete auch als Entwickler für VW, Louise war Alleinimporteurin der Autos aus Wolfsburg für Österreich. In Salzburg wurde ein Familienunternehmen gegründet, das heute große Teile Südosteuropas mit Volkswagen-und Porsche-Fahrzeugen beliefert und einen Umsatz von rund zwölf Milliarden Euro im Jahr macht. Eine Goldgrube. Ursprünglich hatte es nur eine Garantie des Alleinimports von VW-Fahrzeugen für die österreichische Firma gegeben.

Die Porsches standen zunächst für Stuttgart, die Piëchs für Salzburg, und man traf sich bei VW in Wolfsburg. Welches der beiden Kinder - Louise oder Ferry - er als Erben eher für geeignet hielt, hatte der 1951 verstorbene Ferdinand Porsche offen lassen und das war auch der Keim für tiefste Zerwürfnisse. Im Lauf der Jahre gerieten die Porsches und die Piëchs immer häufiger aneinander und der junge Ferdinand Piëch war immer mitten im Getümmel. Es ging um Geld, Prestige und Eitelkeiten. Diplom-Ingenieur Ferdinand Piëch hatte den berühmten Porsche 917 entwickelt, der den Ruhm der Firma auch wegen der speziellen Ventilsteuerung mit zwei obenliegenden Nockenwellen mehrte. Er setzte sich dafür ein, die Steuerung auch in der Porsche-Serie zu verwenden, aber einer seiner Cousins, der Porsche-Produktionschef war, lehnte ab - zu teuer.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Und immer wieder Krieg

Porsche und VW
:Auf dem Weg zum Volksporsche

Porsche und VW fusionieren. Dabei war diese Ehe doch eigentlich ganz anders geplant. Die ganze Geschichte - in Bildern.

Im März 1972 wurde nach turbulenten Familienklausuren verabredet, dass sich alle Piëchs und alle Porsches aus dem operativen Geschäft der Firmen zurückziehen. Zuvor hatte sich Ferdinand Piëch im Familienkreis umgeschaut und die Frage gestellt: "Gibt es einen, der mit mir will?" Für ihn war klar: "Ich hatte das Gefühl, überall bestehen zu können, und für meine lieben Verwandten war ich mir da nicht so sicher". Er wechselte zu Audi (damals Audi NSU Auto Union AG) und brachte es schon mit 37 Jahren zum Technischen Vorstand. Der wortkarge Piëch ist nicht nur Machtmensch, sondern vor allem ein Techniker. Er brachte Audi voran, wurde 1988 Audi-Chef, und bezog 1993 das Chefbüro des VW-Konzerns. Er sanierte den kränkelnden Autohersteller mit ungewöhnlichen Methoden und unter Einsatz fast aller Mittel. Sein Wort war bei VW Gesetz.

Dagegen ist Wolfgang Porsche ein eher leiser Mann. Er hat Welthandel studiert und fünf Jahre bei Daimler-Benz gearbeitet, zuletzt als Referent des Finanzvorstands - er ist ein feinsinniger Zahlenmensch. Seit fast zwei Jahrzehnten kümmert er sich um Familienbeteiligungen. 27 Jahre lang war er Importeur für Yamaha-Motorräder in Österreich, und Familiengespräch ist immer noch, dass er dem Cousin Ferdinand mal für einen Mini-Rabatt eine Fünfhunderter mit vier Zylindern verkauft hat. Seit 2007 ist er Porsche-Aufsichtsratschef und zog im Frühjahr vorigen Jahres auch in den VW-Aufsichtsrat ein, dem Cousin Ferdinand seit 2002 vorsteht.

Schon wieder Krieg

Zuletzt herrschte wieder einmal Krieg in dem mittlerweile auf 60 Köpfe angewachsenen Clan der Milliardäre, weil Ferdinand Piëch den eigenwilligen Porsche-Chef Wendelin Wiedeking loswerden wollte. Im VW-Aufsichtsrat votierte er gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern gegen die Pläne der Familie. Wolfgang Porsche stand auf der Seite Wiedekings, der mit Hilfe von trickreichen Finanzmanövern den Wolfsburger Konzern übernehmen wollte. Piëch sollte entmachtet werden. Dann verhob sich Wiedeking, und nun ist Piëch wieder der starke Mann.

Als am Mittwoch die Vertreter der beiden Familienzweige zusammenkamen, musste wieder mal ein Friedensabkommen in feinen Wendungen zu Papier gebracht werden. Ort des Treffens war Salzburg; jener Ort, der seit mehr als einem halben Jahrhundert dem Clan der Piëchs zugerechnet wird.

© SZ vom 08.05.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: