Vor der Bundestagswahl:Ökonomen fordern radikale Reformen

Wie die neue Bundesregierung aussieht, steht noch nicht fest. Doch Wirtschaftsexperten wissen schon, was sich ändern soll. Ihre Forderungen sind wenig populär.

Führende Wirtschaftsexperten haben von der künftigen Bundesregierung drastische Reformen zur Bewältigung der Wirtschaftskrise gefordert. Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, verlangte von der künftigen Bundesregierung einschneidende Änderungen.

"Die alternde Gesellschaft in Deutschland braucht eine völlig neue Ausrichtung", sagte Walter der Bild am Sonntag: "Die Älteren werden länger arbeiten müssen, um die junge Generation nicht über Gebühr zu belasten, und für die staatlichen Aufgaben und Ausgaben brauchen wir einen radikalen Schnitt."

Einkommens- oder Mehrwertsteuererhöhungen seien das falsche Mittel: "Wer die Mittelschicht als Leistungsträger jetzt weiter belastet, wird Wachstum zerstören und damit die Chance auf Verschuldungsabbau verringern", sagte Walter. Zur Verbesserung der Finanzsituation schlug er neben Ausgabenbeschränkungen "die Einführung von Nutzungsentgelten wie Pkw-Maut oder Studiengebühren" auf.

Rudolf Hickel vom Institut für Wirtschaft und Arbeit der Universität Bremen plädierte für die Verlängerung der Kurzarbeit und zusätzliche staatliche Konjunkturmaßnahmen. "Erstens sollte die Regelung für Kurzarbeit verlängert werden, um weiterhin Fachkräfte zu halten. Zweitens sollte ein Konjunkturprogramm III aufgelegt werden", sagte Hickel Bild am Sonntag. Durch Wirtschaftswachstum und mehr Jobs zahle sich die staatliche Vorfinanzierung aus.

Damit die steigende Arbeitslosigkeit die Rentenversicherung nicht belaste, forderte Rentenexperte Bernd Raffelhüschen im Gespräch mit der Zeitung die Rücknahme der Rentengarantie. Sie sei falsch, weil sie Löhne und Renten entkoppele und somit den "Gleichbehandlungsgrundsatz zwischen Rentnern und Einzahlern" breche. Außerdem sei es nach den Worten von Raffelhüschen "zwingend notwendig, dass die neue Regierung die Rente mit 67 durchsetzt".

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