Vonovia:Hochgezogen

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Vonovia-Siedlung in Essen: Mieter des Konzerns zahlen im Schnitt drei Prozent mehr als voriges Jahr. (Foto: Ina Fassbender/dpa)

Deutschlands größter Vermieter steigert die Mieteinnahmen. Zugleich gewinnen die Immobilien kräftig an Wert. Künftig will Vonovia mehr bauen - und übernimmt dazu eine weitere Firma.

Von Benedikt Müller, Düsseldorf

Der Wertzuwachs, den Rolf Buch da berichtet, ist eigentlich kaum zu glauben: Um etwa 5,3 Milliarden Euro haben die Immobilien seiner Firma Vonovia alleine im vergangenen Jahr an Wert gewonnen. So steht es in der Jahresbilanz von Deutschlands größtem Vermieter, die Vorstandschef Buch nun vorgelegt hat. 5,3 Milliarden Euro, das ist mehr Geld, als mittelgroße Konzerne wie Osram oder Metro gerade als Ganzes an der Börse wert sind.

Dieser Anstieg kommt nicht gänzlich unverdient, Vonovia hat Zehntausende Wohnungen in Schuss gehalten und saniert, neue Balkone an- oder Aufzüge eingebaut. Dennoch bleibt der Dax-Konzern, entstanden 2015 aus dem Zusammenschluss von Deutscher Annington und Gagfah, einer der glücklichen Profiteure zweier paralleler Entwicklungen: dass das Zinsniveau historisch niedrig ist, sich daher auch internationale Investoren für Immobilien in deutschen Städten interessieren. Und dass in den vergangenen Jahren viel mehr Menschen als erwartet in hiesige Ballungsräume gezogen sind, doch der Wohnungsbau kaum hinterherkommt.

100 Wohnungen hat der Konzern voriges Jahr fertiggestellt - der Chef findet das ausbaufähig

Vonovia besitzt etwa 365 000 Wohnungen bundesweit, viele davon waren einst mal als Werkswohnung oder Beamtensiedlung entstanden, wurden dann aber privatisiert. Die Mieter zahlten im vergangenen Jahr im Schnitt 6,79 Euro kalt je Quadratmeter. Damit bedient der Konzern gewiss nicht das Luxussegment - allerdings liegt diese Durchschnittsmiete gut drei Prozent höher als im Vorjahr. Dafür gibt es mehrere Gründe: Vonovia hat Mieten angehoben, wo es die lokalen Richtlinien und Zahlungskraft der Mieter hergaben. Die Bochumer haben frei werdende Wohnungen saniert und teurer neu vergeben. Sie haben aber auch ganze Häuser energetisch saniert - sowie ganz neue Wohnungen gebaut und teurer vermietet als der Durchschnitt.

2100 neue Wohnungen hat Vonovia im vorigen Jahr fertiggestellt, teils als Neubau auf bestehenden Grundstücken, teils als Aufstockung in eigenen Siedlungen. "Da müssen wir noch eine Schüppe drauflegen", gesteht Buch; langwierige Genehmigungsverfahren und knappe Kapazitäten der Baubranche verzögern manchen Plan.

Nun will der Konzern zudem den Projektentwickler Bien-Ries übernehmen. Die Firma aus Hanau plant derzeit, etwa 2500 Wohnungen im Rhein-Main-Gebiet neu zu bauen. Gut ein Drittel davon könnten nach Fertigstellung Mieteinheiten von Vonovia werden, der Rest soll als Eigentumswohnungen auf den Kaufmarkt. "Die laufenden Projekte passen sehr gut zu uns", sagt Daniel Riedl, der sich im Vonovia-Vorstand für Projektentwicklungen verantwortlich zeichnet.

Mit dem anderen großen Wachstumsfeld, der energetischen Sanierung, stoßen die Bochumer indes an gewisse Grenzen. Bei gut 13 000 Wohnungen hat Vonovia im vergangenen Jahr Fassaden gedämmt, Heizungen ausgetauscht oder sonstige Änderungen vorgenommen, die der Klimabilanz der Häuser guttun. Doch in etwa einem Viertel dieser Fälle stellten Mieter Härtefallanträge, weil sie die anschließenden Mieterhöhungen nach eigenen Angaben nicht verkraften können. Der Konzern hatte seinen Umgang mit Härtefällen voriges Jahr konkretisiert und angekündigt, dass er keine Mieter per Modernisierung aus den Siedlungen vertreiben wolle. Jedem zweiten Härtefallantrag habe man im vergangenen Jahr stattgegeben, sagt Buch, und so auf Einnahmen verzichtet.

Kaum noch Spielraum für Modernisierungen sieht Vonovia indes in Berlin, wo in diesem Jahr ein sogenannter Mietendeckel in Kraft tritt. "Wir sind der festen Überzeugung, dass das Gesetz verfassungswidrig ist", erneuert Buch seine Kritik an der Preisregulierung. Bis Gerichte über entsprechende Klagen entschieden haben, könnten freilich noch zwei Jahre vergehen. Dem Konzern drohen nun Einbußen von etwa zehn Millionen Euro jährlich, wenn er künftig Mieten senken muss, die über den neuen Grenzwerten liegen.

Dies werde Vonovia "nicht umhauen", konstatiert Buch, dessen Wohnungen zu etwa zehn Prozent in Berlin liegen. Denn insgesamt meldet der Konzern für 2019 einen operativen Gewinn von gut 1,2 Milliarden Euro, der in diesem Jahr weiter steigen soll. Auch die Aktionäre sollen nun eine höhere Dividende von 1,57 Euro je Anteilsschein erhalten. Die Zahlen seien "erfreulich langweilig gut", so Buch.

Weitere Zukäufe seien daher "überhaupt nicht ausgeschlossen", wobei der Vorstandschef vor allem den schwedischen Wohnungsmarkt als "sehr attraktiv" bezeichnet. Vonovia hatte in dem skandinavischen Land zuletzt zwei Vermieter mit Tausenden Wohnungen übernommen und ist auch dort zum größten privaten Vermieter aufgestiegen.

© SZ vom 06.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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