Volkswagen:Null-Dividende

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Volkswagen-Fabrik in Wolfsburg. Die Abgas-Affäre wird teuer. (Foto: Carsten Koall/Getty)

Der Krisenkonzern muss wegen der Abgas-Affäre die Ausschüttungen an die Aktionäre wahrscheinlich kürzen oder gar vollständig streichen.

Von Klaus Ott, München

Es klang wie ein Versprechen: "Wir stehen für Substanz, Verlässlichkeit und dauerhaften Erfolg." Diesen Satz schrieb der Volkswagen-Chef vor einem Jahr in den "Brief an unsere Aktionäre". Martin Winterkorn konnte damals noch eine kräftige Dividende verteilen: 2,3 Milliarden Euro gingen an die Anteilseigner.

Jetzt gibt es, wenn Ende April die Zahlen für 2015 kommen, möglicherweise nichts mehr zu verteilen. Winterkorn ist nicht mehr Vorstandschef, und VW hat noch einen weiten Weg vor sich, bis man wieder von Verlässlichkeit sprechen kann. Einen schmerzlichen Weg mit Strafen und anderen Zahlungen infolge der Abgas-Affäre in Höhe von möglicherweise mehreren zehn Milliarden Euro.

Die Deutsche Presseagentur zitierte am Dienstag ein Aufsichtsratsmitglied mit der Aussage, bei der Dividende stehe noch nichts endgültig fest, "aber es gibt keinen Hinweis, dass es auch nur Hoffnung auf einen Cent gibt". Kein Geld für die Aktionäre, das wäre wenig überraschend. VW äußert sich nicht dazu und verweist auf die Vorlage der Bilanz am 28. April. Dann werde man Details nennen. Aus Konzernkreisen heißt es: "Die entscheidenden Sitzungen stehen noch bevor." Der Aufsichtsrat wolle sich am 20. April mit dem Thema befassen, vorher sei der Vorstand am Zug. Ein Dividenden-Ausfall würde jene Anteilseigner am meisten treffen, die es am besten verkraften können: die Familien Porsche und Piëch. Die beiden Auto-Clans sind Milliardäre, sie halten knapp ein Drittel der Aktien und durften sich in den vergangenen Jahren über jeweils Hunderte Millionen Euro Dividende freuen. Die nächstgrößten Aktionäre sind eine Staatsholding aus dem reichen Katar und das weit weniger reiche Niedersachsen. Das Land ist mit fast 60 Milliarden Euro verschuldet, da hilft jeder Cent. Im vergangenen Jahr hatte Niedersachsen 285 Millionen Euro Dividende von VW kassiert.

Das Geld ging an die landeseigene Hannoversche Beteiligungsgesellschaft (Han BG), die bis zur Abgas-Affäre auch weiter mit hohen VW-Dividenden rechnete. Der Konzern sei "auf dem Weg, weltweit die Nr.1 in der Autoproduktion zu werden", frohlockte die Han BG noch vor einem Jahr. Die Landes-Gesellschaft hat andererseits Vorsorge getroffen für schlechte Zeiten und könnte nach Angaben der Staatskanzlei in Hannover einen Ausfall der VW-Dividende verkraften. Bleiben noch die kleinen und großen Anleger, die gut 40 Prozent der VW-Anteile halten. In deren Kreisen hofft man wenigstens auf eine "Mini-Dividende". Aktionärsvertreter schauen nun genau auf die Zahlen: Wenn Volkswagen einen Überschuss erzielt, würden sie eine Null-Dividende als Affront werten. Doch bis die Zahlen auf dem Tisch liegen, müssen sich die Aktionäre noch ein paar Wochen gedulden.

Indessen muss sich Volkswagen in der Affäre um manipulierte Abgaswerte mit einer weiteren brisanten Klage auseinandersetzen. Die US-Handelsbehörde FTC (Federal Trade Commission) teilte am Dienstag in Washington mit, ein Verfahren wegen irreführender Werbung für die betroffenen Diesel-Autos eingeleitet zu haben.

© SZ vom 30.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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