Volkswagen:Letzte Verlängerung

Lesezeit: 2 min

Das Konzern-Management muss endlich Farbe bekennen. Es muss erklären, wie es die 80 000 amerikanischen Besitzer von Drei-Liter-Pkw entschädigen will. Und zwar - nach einem vom US-Bundesrichter gewährten Aufschub - an diesem Montag.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Als am späten Freitagabend auch die zweite Einigungsfrist des Tages verstrichen war, ohne dass die Streithähne im VW-Abgasskandal ein Ergebnis hätten präsentieren können, tat Charles Breyer etwas, das man vielleicht von einem Kuschel-Pädagogen erwartet hätte, nicht aber von einem gestrengen Mann des Gesetzes: Er legte einfach einen dritten Abgabetermin fest. An diesem Montagmorgen um acht Uhr San Franciscoer Zeit (17 Uhr MEZ) nun will der US-Bundesrichter endgültig wissen, wie VW die Besitzer von rund 80 000 Oberklasse-Pkw zu entschädigen gedenkt.

Niemand steht in dem Konflikt so sehr unter Erfolgsdruck wie VW. Nicht nur, dass dem Konzern bei einem Scheitern der Vergleichsgespräche ein formeller Prozess mit unkalkulierbarem Ausgang droht. Vielmehr müsste er ab Ende Januar auch mit der neuen US-Regierung weiterverhandeln. Keine schöne Aussicht, denn auch wenn Donald Trump in Umweltfragen sicher weniger strikt ist als Amtsinhaber Barack Obama: Er wird sich kaum Kritik aussetzen wollen, gleich bei einer seiner ersten Amtshandlungen gegenüber einem ausländischen Konzern eingeknickt zu sein. Es ist deshalb zu erwarten, dass Volkswagen an diesem Montag einen Vorschlag präsentieren wird, wie viele der 80 000 Wagen repariert werden können, wie vielen Besitzern der Konzern einen Rückkauf anbietet und wie hoch die Entschädigungen der Kunden sowie die Zahlungen an amerikanische Umweltfonds ausfallen werden. Erste Zahlen machten am Freitag bereits die Runde, doch ohne einen Gesamtkompromiss sind sie wenig aussagekräftig.

Es geht um manipulierte Abgaswerte und verschwundene Handys

Der Konzern hatte vor gut einem Jahr gestanden, dass er den Schadstoffausstoß seiner Diesel-Pkw über Jahre manipuliert hatte: Eine Software regelte die eigentlich viel zu hohen Emissionen für kurze Zeit herunter, sobald der Bordcomputer feststellte, dass das Auto einem Abgastest unterzogen wird. Während die Kunden in vielen anderen Staaten leer ausgehen, hat sich VW mit den etwa 480 000 amerikanischen Eigentümern von Zwei-Liter-Pkw sowie mit mehreren Regierungsbehörden schon auf üppige Kompensationen verständigt. Die Gesamtkosten dieser Vereinbarungen werden bis zu 16,5 Milliarden Dollar betragen.

Am Montag soll nun eine Regelung für die Drei-Liter-Modelle der Konzernmarken VW, Audi und Porsche folgen. Sie wird weniger kostspielig ausfallen, weil die Wagen leichter zu reparieren sind. Dennoch ist noch einmal mit einem Milliardenbetrag zu rechnen. Bei den betroffenen Modellen handelt es sich um den VW Touareg, den Porsche Cayenne, vor allem aber um eine Reihe von Audi-Luxusmodellen.

Eigentlich waren sich VW, die Anwälte der Kunden und die beteiligten Behörden über einen Vergleich bereits weitgehend einig gewesen. Dann jedoch reichte eine der Kanzleien eine neue Sammelklagen gegen Audi ein, weil das Unternehmen über die bekannten Tricksereien hinaus auch die CO₂-Abgaswerte manipuliert haben soll. Zugleich warf die Verbraucherschutzbehörde FTC Volkswagen-Mitarbeitern de facto vor, Beweismittel vernichtet zu haben. Konkret geht es um 23 Handys von Angestellten, die angeblich verschwunden sind oder deren Speicher gelöscht wurden. Dadurch habe man keinen Zugang zu den Informationen auf den Smartphones mehr, kritisierte die FTC.

© SZ vom 19.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: