Versicherungen:Munich Re wittert Corona-Chancen

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Lufthansa-Chef Carsten Spohr wird auf einer beängstigend harmonischen Hauptver­sammlung in den Aufsichtsrat des weltweit größten Rückversicherers gewählt.

Von Herbert Fromme, Köln

Die erste digitale Hauptversammlung des weltweit größten Rückversicherers Munich Re verlief fast beängstigend harmonisch. Kein Wunder: Aktionäre kamen nicht zu Wort, der Vorstand beantwortete vorher eingereichte Fragen, ohne die Fragesteller zu nennen, und fasste sie dabei großzügig zu Komplexen zusammen. Nach 4 Stunden und 26 Minuten war die Veranstaltung vorbei.

Fast alle Anträge von Vorstand und Aufsichtsrat wurden mit mehr als 99 Prozent der Stimmen angenommen. Die Aktionäre waren entweder digital anwesend, hatten per Briefwahl Entscheidungen getroffen oder Vollmachten erteilt. Zwischen 41 und 43 Prozent des Aktienkapitals waren insgesamt vertreten.

An zwei Punkten gab es weniger Einigkeit. Der Antrag, mit dem die nächsten Aktienrückkaufprogramme beschlossen wurden, erhielt nur 90,34 Prozent Zustimmung. Große Anleger gerade aus den USA lehnen Aktienrückkäufe ab. Auch bei der Wahl von Lufthansa-Chef Carsten Spohr in den Aufsichtsrat gab es mehr Gegenstimmen als sonst. Er wurde mit 96,79 Prozent gewählt. Spohr ersetzt Kurt Bock, der frühere BASF-Chef wird bei seinem alten Unternehmen Aufsichtsratschef werden.

Gegen die Wahl Spohrs sprach sich unter anderem Ingo Speich von der Deka Investment aus. "Wir stimmen gegen Carsten Spohr", teilte Speich mit. "Die Deutsche Lufthansa steht mit dem Rücken zur Wand und erfordert auch über die derzeitige Krise hinaus die volle Aufmerksamkeit von Herrn Spohr." Die Annahme eines Aufsichtsratsmandats sei unverantwortlich.

Wegen der Corona-Pandemie hatte der Rückversicherer Ende März sein Gewinnziel von 2,8 Milliarden Euro für 2020 gekippt. Ein neues Gewinnziel nannte der Vorstand nicht. Aber er ist sich sicher, dass die Gesellschaft gestärkt aus der Krise hervorgehen wird - und dann auch durch Übernahmen wachsen kann. "Es ist nicht auszuschließen, dass es Corona-bedingt gute Kaufgelegenheiten geben könnte", sagte Vorstandschef Joachim Wenning.

Er erklärte, die Munich Re sei durchaus von den Folgen der Krise betroffen. "Konkret belastet uns zum Beispiel die Kapitalmarktschwäche der letzten Wochen", sagte er. "Hinzu kommen Schadenleistungen im Zusammenhang unter anderem mit Veranstaltungsausfall- und Reiseversicherungen sowie die weltweit anhaltende Diskussion um die Frage, ob Betriebsunterbrechungsversicherungen Pandemien einschließen oder nicht."

Wenning mahnte Verlässlichkeit an. Wenn in Policen Pandemie-Risiken ausgeschlossen seien, könnten sie nicht durch die Politik nachträglich eingeführt werden. Das sei nicht rechtsstaatlich, sagte er.

© SZ vom 30.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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