Versicherungen:Abschied von der Traditionspolice

Über Jahrzehnte galt die Lebensversicherung als wichtigstes Sparangebot deutscher Versicherer. Die Allianz verabschiedet sich davon. Das scheint zu funktionieren.

Von Herbert Fromme, Frankfurt

Jahrzehntelang war die klassische deutsche Lebensversicherung das wichtigste Sparangebot der deutschen Versicherer: garantierter Zins, Steuervorteile, aber vergleichsweise hohe Kosten und Geldverlust bei vorzeitiger Kündigung.

Jetzt hat der Marktführer Allianz diese Policen auch offiziell mehr oder weniger beerdigt. "Wir halten das klassische Produkt nicht mehr für ein Kernprodukt", sagte Markus Faulhaber am Mittwoch. Er ist Chef der Allianz Lebensversicherung.

Sie bietet jetzt fast nur noch Verträge an, bei denen der Kunde ein höheres Risiko trägt. In der Regel garantiert die Allianz höchstens den Erhalt der eingezahlten Gelder. Weil die Gesellschaft keine Zinsgarantie vorhalten muss, kann sie die Spargelder offensiver anlegen. "Das frei werdende Risikokapital schafft Freiräume in der Kapitalanlage", sagte Faulhaber. Kritik von Verbraucherschützern, die neuen Verträge seien zu teuer, hält er für unberechtigt.

Die Kapitalstärke des größten deutschen Versicherungskonzerns zusammen mit der Langfristigkeit der Kapitalanlage biete große Chancen, sagte Chefanleger Andreas Lindner. Heute hält das Unternehmen zehn Prozent der Kapitalanlagen in Höhe von 249 Milliarden Euro in Aktien. In vier Jahren sollen es 13 bis 18 Prozent sein, danach noch mehr. Traditionelle Anlageformen wie Pfandbriefe oder Staatsanleihen, die jahrelang dominierten, will Lindner aufgeben. Neben Aktien sollen Unternehmensanleihen und alternative Investments die Rendite bringen.

Bislang hat die neue Politik der Allianz Leben nicht geschadet. Im ersten Halbjahr hat sie ihren Marktanteil auf 24,2 Prozent ausgebaut, 0,9 Prozentpunkte mehr als im Jahr 2017.

© SZ vom 13.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: