Verleger KD Wolff im Gespräch:"Links war ich immer"

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Verleger KD Wolff (Achiv) (Foto: dpa)

Karl Dietrich Wolff war eine Ikone der Studentenrevolte von 1968. Ein Gespräch über Rebellion, die Pleite seines Verlages und die Hoffnung auf Rettung.

Von Lars Langenau

Wenn bald in Frankfurt die Buchmesse startet, wird zum ersten Mal seit fast 50 Jahren der Verlag Stroemfeld Roter Stern nicht dabei sein. Anfang des Monats meldete Verleger Karl Dietrich Wolff, 75, Insolvenz an. Zum zweiten Mal nach 1993. Sein Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr: Die großen deutschen Uni-Bibliotheken kaufen nichts mehr und auch der Wert, ein Buch physisch zu besitzen, habe wohl abgenommen, sagt der Verleger. Seine 20 000 Bücher habe er zwar fast alle gelesen, allerdings wollen seine Kinder die nicht mehr haben.

KD, wie ihn seine Freunde nennen, ist eine Figur der Zeitgeschichte: In den bewegten Jahren 1967/68 wurde er statt Rudi Dutschke zum Bundesvorsitzenden des Sozialistischen Studentenbundes (SDS) gewählt, der treibenden Kraft der Studentenrevolte. Bei einer Amerikareise wurde der Rebell vor das Komitee für unamerikanische Umtriebe geladen: Er hatte einen konservativen Senator als "rassistischen Banditen" bezeichnet.

Die Rebellion der Studenten zerfiel schnell nach dem Attentat auf Dutschke, es entstanden viele kleine kommunistische Gruppen, die manchmal nur aus einer Person bestanden. Anfang 1970 löste Wolff den SDS mit auf, weil er nicht wollte, dass "sich eine dieser Kleinstparteien hinstellen und behaupten konnte: Wir sind die Erben des SDS", sagt er im Interview. "Gerade von der DKP kamen Ansprüche, aber dann sollte der SDS lieber sterben." Von seinen Frankfurter Wegbegleitern ist ihm Daniel Cohn-Bendit geblieben, mit Joschka Fischer hingegen sei er nie befreundet gewesen. Der stehe zudem seit Jahren "idealtypisch für den machtpolitischen Opportunismus, der schon vor langer Zeit die Grünen ergriffen hat".

Vom "Staatsfeind" zum Träger des Bundesverdienstkreuzes

Bereits Ende 1968 hatten Wolff 38 Strafverfahren am Hals, unter anderem wegen Landfriedensbruch und Aufrufen dazu. Später profitierte er von einer Amnestie und wurde Verleger. Was ihn, einen Juristen, dazu qualifizierte? Scherzhaft sagt er: "Nichts, aber Juristen können doch alles!" Er verlegte eine preisgekrönte Hölderlin-Werkausgabe, deren Herausgabe statt der einst angepeilten fünf Jahre sogar 25 Jahre dauerte. Als Marxist habe er sich nie verstanden: "Aber links war ich immer." 2009 bekam der einst als "Staatsfeind" geschmähte Karl Dietrich Wolff das Bundesverdienstkreuz.

Im Interview am Küchentisch der alten Frankfurter Villa seines Verlages, in der er auch wohnt, spricht er über die wilden Jahre der Revolte, die Veränderungen in der Buchbranche und die Hoffnung auf Rettung in der Krise.

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