Sportvereine:Zahlen für die Gemeinschaft

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Das Sportgelände des TSV Eintracht Karlsfeld bei München. Der Verein hat in der Pandemie Mitglieder verloren. (Foto: N.P.JØRGENSEN)

Warum Sportvereine auch in der Pandemie Mitgliedsbeiträge verlangen müssen.

Von Benjamin Emonts

Nicht nur Fitnessstudios, auch Sportvereine müssen sich jetzt mit frustrierten Mitgliedern auseinandersetzen. Rüdiger Meyer beispielsweise, Präsident des Münchner Vorortvereins TSV Eintracht Karlsfeld, erhält in letzter Zeit immer wieder Briefe von Mitgliedern, die in der Pandemie weniger oder keine Beiträge zahlen wollen. Diese Wünsche, sagt Meyer, könne der Verein aber nur bei sozialen Härtefällen erfüllen. Würde er generell keine Beiträge mehr nehmen, so verstieße der Verein gegen seine Satzung und riskiere seine Gemeinnützigkeit. Und schließlich kennt Meyer auch die enormen wirtschaftlichen Probleme seines Vereins wegen der Pandemie. Er verbucht Mindereinnahmen von knapp 60 000 Euro allein durch fehlende Mitgliedsbeiträge.

Im Norden Münchens ist man mit diesem Problem allerdings nicht allein. Laut einer Studie des Deutschen Olympischen Sportbunds befürchten mehr als die Hälfte der 90 000 Sportvereine hierzulande, im Laufe des Jahres 2021 in "eine existenzbedrohende Lage" zu geraten. Maßgeblich verantwortlich dafür sind Vereinsaustritte. Eintracht Karlsfeld hat seit Beginn der Pandemie knapp 600 von vorher 4000 Mitgliedern verloren. Und dann gibt es noch besagte Sportsfreunde, die ihre Beiträge einbehalten, reduziert oder teilweise sogar zurückerstattet haben wollen.

In der Verbraucherzentrale Bayern ist man jedoch überzeugt, dass Vereinsmitglieder keinen Anspruch auf Nachlässe oder Erstattungen haben. Im Gegensatz zu Fitnessstudios gehe das Angebot von Vereinen schließlich weit über konkrete Sportangebote hinaus. "Man bezahlt nicht für besondere Leistungen - sondern für die Teilhabe am Verein", betont Rechtsexpertin Tatjana Halm. Für Training, Strom, Rasenmäher oder das neue Vereinsschild zahlen folglich alle zusammen. Anders sei die Rechtslage nur, wenn jemand beispielsweise eine Zehnerkarte für Sportkurse zu bestimmten Terminen, die nicht stattfinden konnten, gekauft hat. "Konkrete Termine gelten als wesentlicher Bestandteil eines Vertrags", erklärt Tatjana Halm den Unterschied. "In diesem Fall können Käufer vom Vertrag zurücktreten und Kosten zurückverlangen."

In Ausnahmefällen können Vereine Mitglieder aber auch entlasten, falls diese durch die Corona-Pandemie in wirtschaftliche Notlagen geraten sind. Das Bundesfinanzministerium hat 2020 eine Sonderregelung verabschiedet, die inzwischen bis Ende 2021 verlängert wurde. Seither können Vereine, ohne vorher ihre Satzung oder Beitragsordnung zu ändern, Beiträge in besagten Einzelfällen mindern oder erlassen. Nachweise sind nicht erforderlich. Es genügt, wenn Betroffene ihre Situation plausibel darlegen können.

Mit ihrer Kulanz sollten Vereine allerdings achtsam umgehen, betont der Freiburger Anwalt Gerhard Geckle, der beim Deutschen Fußballbund ehrenamtlich die Kommission "Steuern und Abgaben" leitet. Mitgliedsbeiträge dürfen demnach keinesfalls "einfach global erlassen" werden, nur weil Mitglieder fehlende Trainingsangebote oder geschlossene Sportstätten beklagen. "Generell dürfen Mitglieder - außer in den besagten Notlagen - anderen gegenüber nicht bevorzugt behandelt werden, beispielsweise durch Extra-Vergünstigungen", sagt Geckle. "Andernfalls würde der Verein seinen Gemeinnützigkeitsstatus aufs Spiel setzen."

Verbraucherschützerin Halm wirbt um gegenseitiges Verständnis. Wer keine Geldprobleme habe, könne seinen Verein auch unterstützen, sagt sie. "Man zahlt für die Gemeinschaft." Wie dringend erforderlich diese Unterstützung ist, sieht man am Beispiel von Eintracht Karlsfeld. "Die meisten Mitglieder sind ausgetreten, weil der Verein keine Leistung mehr bieten konnte", sagt Präsident Meyer. Dabei sei man angewiesen auf die Loyalität seiner Mitglieder.

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