Verbraucherrechte:Die Musterklage kommt

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Gäbe es die Musterklage schon länger, hätten Autobesitzer mit ihr im Dieselskandal gegen Volkswagen vorgehen können. (Foto: dpa)
  • Das Bundeskabinett hat den Gesetzesentwurf zur sogenannten "Musterfestellungsklage" beschlossen.
  • Sie soll es Verbrauchern künftig ermöglichen, unter dem Dach eines Verbandes gemeinsam gegen ein Unternehmen vor Gericht zu ziehen.
  • In den USA erleichterte die Musterklage es Kunden von VW beispielsweise, Schadenersatzsprüche gegen den Konzern durchzusetzen.

Verbraucherverbände fordern sie seit Jahren und nach den Erkenntnissen aus dem Abgasskandal ringt sich jetzt auch die Bundesregierung dazu durch: die sogenannte Musterfeststellungsklage, kurz MFK. Das Kabinett hat den Gesetzentwurf am Mittwoch verabschiedet. Die Klagegemeinschaft für Verbraucher soll es geschädigten Kunden in Deutschland erstmals ermöglichen, gemeinsam gegen Konzerne vor Gericht ziehen und Schadenersatz geltend machen zu können.

Bislang hatte die Union den Gesetzesentwurf im Kabinett blockiert. Nun aber haben sich Union und SPD auf eine Klage geeinigt, bei der Verbände im Namen von betrogenen Kunden gegen Unternehmen vor Gericht ziehen können. Klageberechtigt sind also nicht die Verbraucher, sondern ausschließlich bestimmte Verbände. Voraussetzung soll sein, dass sich mindestens zehn Betroffene am Verfahren beteiligen und weitere 50 Kunden sich in ein Klageregister eintragen. Das Urteil wäre dann für sie alle bindend.

Das neue Instrument zielt unter anderem auf Bagatellschäden, bei denen jedem einzelnen Betroffenen ein Verlust von wenigen Euro entsteht, ein Schadensersatzprozess aber unverhältnismäßig erscheint. Geschädigte können sich der Musterklage anschließen und vermeiden dadurch hohe und abschreckende Prozesskosten. Die Klage soll die Verbraucher aber auch für Auseinandersetzungen mit Großkonzernen stärken, die Prozesskosten nicht scheuen und alle juristischen Mittel bis in die letzte Instanz aktivieren können.

Erste große Musterfeststellungsklage betrifft wohl VW

Weil es in Deutschland bislang noch keine Musterklage gibt, sind im Abgasskandal die deutschen VW-Kunden auf sich alleine gestellt. Gerade mal etwas mehr als 7000 Diesel-Besitzer sind laut Volkswagen bislang vor Gericht gegangen und fordern Schadenersatz. Zusammen mit den angekündigten Klagen von Hausfeld und anderen Kanzleien könnten es am Ende 30  000 Kunden werden, die prozessieren. Betroffen von der Abgasaffäre sind in Deutschland aber 2,4 Millionen VW-Fahrer.

Erwartet wird deshalb, dass die erste große Musterfeststellungsklage Volkswagen betrifft. "Es gibt Schätzungen, dass etwa zwei Millionen Dieselfahrer in den Genuss dieser Klage kommen könnten", sagte Justizministerin Katarina Barley. Es geht um die Entschädigung der Besitzer von VW-Dieselfahrzeugen mit manipulierender Abgas-Steuerung. Die Schadensersatzansprüche verjähren allerdings bereits Ende 2018. Die große Koalition hat deshalb verabredet, dass die Musterfeststellungsklage spätestens zum 1. November 2018 in Kraft treten soll.

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