USA: Strikte Regeln für Banken:Renaissance der alten USA

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Mit harten Bandagen gegen die US-Finanzindustrie: In der Not besinnt sich Präsident Obama auf alterprobte Rezepte der Finanzregulierung. Der Architekt dahinter: Paul Volcker - Urgestein der US-Geldpolitik.

Barack Obama ist noch für Überraschungen gut: Mit einem drastischen Richtungsschwenk stellt der US-Präsident die Weichen im Umgang mit dem angeschlagenen Bankensektor des Landes neu: Statt einer bloßen Zusatzabgabe oder der Begrenzung von Boni sollen die Großbanken nun zerlegt werden - in Institute mit klassischem Kundengeschäft und in Investmentbanken mit wesentlich riskanteren Geschäftsmodellen.

US-Präsident Barack Obama (rechts) und der frühere Notenbankchef Paul Volcker. Obama gibt den Ratschlägen seines Beraters inzwischen höheres Gewicht. (Foto: Foto: AP)

Die Kursänderung bedeutet allerdings keine völlig neue Finanz- und Wirtschaftspolitik - vielmehr besinnt sich Obama alter Rezepte. Für diese steht in seinem Umfeld besonders Paul Volcker, legendärer Notenbankchef der achtziger Jahre.

Ganz im Zeichen der schrankenlosen Märkte in den neunziger Jahren galt Obama bisher eher als bedächtiger Pragmatiker, der den Bankern in ihrer erneut aufflammenden Gier ja nicht allzu sehr auf die Füße treten wollte. Nun klingt er plötzlich geradezu martialisch: "Während unser Finanzsystem heute weitaus robuster ist als vor einem Jahr, operiert es doch noch immer unter den Regeln, die beinahe zu seinem Kollaps geführt haben." Und der Präsident weiter: "Wenn diese Leute (Banker) einen Kampf wollen, dann bin ich dazu bereit."

Überraschender Schwenk

Für viele Beobachter kommt das Umdenken Obamas völlig überraschend: "Wir hatten absolut keine Ahnung, dass so etwas kommen würde", sagte Scott Talbott, ein einflussreicher Lobbyist für Wall-Street-Firmen dem britischen Wirtschaftsblatt Financial Times.

Das Weiße Haus bemühte sich hingegen, den Eindruck der Stringenz zu erwecken: Die Pläne hätten schon seit dem vergangenen Frühjahr in den Schubladen gelegen, sagte ein Sprecher. Dass dem wohl so ist, belegte die Anwesenheit Volckers, als Obama seine neue Initiative vorstellte.

Denn der 82-jährige Grandseigneur der US-Geldpolitik, der von Obama mit der Leitung einer Expertenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise betraut worden war, hatte sich wiederholt kritisch zur exzessiven Handelspraxis von Banken geäußert. "Eine Bank, die einen Großteil ihrer Einnahmen aus dem Handel erzielt, sollte gar keine Banken-Lizenz bekommen", hatte er im Herbst gesagt.

Volcker will den Glass-Steagall Act von 1933, der das amerikanische Trennbankensystem mit gesonderten Geschäfts- und Investmentbanken bis 1999 vorschrieb, zwar nicht vollends reaktivieren. Doch mit weiten Teilen des Gesetzes sympathisiert er offen.

Geschwächte Position Geithners

Die Implementierung der "Volcker-Regel" (so Obama bei der Vorstellung des Vorhabens) deutet auf eine Verschiebung der Machtverhältnisse in der US-Regierung hin.

Denn die bisher eher bedächtige Gangart gegenüber der US-Finanzindustrie trug die Handschrift von Finanzminister Timothy Geithner, den etliche Beobachter als reinen Handlanger der Wall Street betrachten. Der neue Kurs könnte im Finanzministerium also auf Ablehnung stoßen.

Volcker, der sich seinerseits bislang immer wieder beschwert hatte, dass er mit seinen Vorschlägen zu wenig durchdringe, verdankt seinen neuen Einfluss hingegen wohl der desaströsen Wahlniederlage Obamas in Massachusetts.

Ganz offensichtlich registriert der Präsident, dass sein gemäßigter Kurs die Wähler vergrault. Deren Wut über die Banker ist nach wie vor groß, da viele Amerikaner noch immer unter den Folgen der Finanzkrise leiden. Die Banker, deren Institute mit Steuergeld gerettet werden mussten, leben hingegen schon wieder in Saus und Braus.

Wegen des neuen Vorstoßes gegenüber dem Bankensektor spekulieren nun viele Beobachter auf eine populistischere Politik Obamas in naher Zukunft. Im November stehen Kongresswahlen an, die mit Hilfe Volckers zur Abwechslung gewonnen werden könnten. Schließlich gelang dem Harvard-Ökonomen schon einmal ein kleines Wunder: Im Jahr 1983 wurde er als Demokrat von Präsident Reagan erneut als US-Notenbankpräsident nominiert. Seine Leistungen sprachen einfach für ihn.

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