USA stellen Forderungen:Auch Deutschland soll seine Banken retten

Lesezeit: 2 min

Die US-Regierung drängt die führenden Industriestaaten "aggressiv" dazu, wegen der Finanzkrise geschwächte Banken ebenfalls mit milliardenschweren Rettungsmaßnahmen aufzufangen.

Daniela Kuhr, Nico Fried und Ulrich Schäfer

Die Bundesregierung reagiert bislang zurückhaltend. Washington will den US-Banken faule Kredite für 700 Milliarden Dollar abkaufen. Bundeskanzlerin Angela Merkel übte Kritik an den USA und Großbritannien und forderte eine schärfere Regulierung der Finanzmärkte.

Die USA wollen, dass Deutschland die Banken stützt - doch Bundeskanzlerin Merkel machte die Vereinigten Staaten und Großbritannien für die Finanzkrise mitverantwortlich (Foto: Foto: AFP)

Ein Sprecher des Finanzministeriums in Berlin bestätigte, dass die USA bei den sieben führenden Industriestaaten, den G 7, auf eigene Maßnahmen drängten, um den Finanzmarkt zu stützen.

Ausländische Banken können hoffen

Dies werde Anfang Oktober auch Thema beim Treffen der Finanzminister sein. US-Finanzminister Henry Paulson sagte am Sonntag, die Vereinigten Staaten ermutigten andere Regierungen "aggressiv" dazu, ähnliche Rettungspakete aufzulegen. Er kündigte zugleich an, dass ausländische Banken, die in den USA tätig sind, auch auf Hilfe aus dem amerikanischen Rettungsfonds hoffen können.

Finanzminister Peer Steinbrück hatte erst am Freitag ausdrücklich das Krisenmanagement seines US-Kollegen Henry Paulson gewürdigt. Das jetzige Ansinnen sieht die Bundesregierung aber mit Skepsis. In Berlin wurde darauf verwiesen, dass es für die vier deutschen Banken, die am härtesten betroffen seien, bereits staatliche Rettungspakete gebe: für die IKB, die BayernLB, die SachsenLB und die WestLB.

Die Situation sei anders als in den USA. Dort habe es eine Art "Kernschmelze" im Finanzsektor gegeben, hieß es in Regierungskreisen, nachdem in der vergangenen Woche mehrere große Banken, unter ihnen Lehman Brothers und Merrill Lynch, ins Wanken geraten waren und zudem der Versicherungsriese AIG gerettet werden musste.

Auch Finanzpolitiker der Koalition lehnten entsprechende Finanzhilfen ab. Die Situation in Deutschland sei nicht mit der in den USA zu vergleichen, sagte der CDU-Politiker Otto Bernhardt der Süddeutschen Zeitung.

Deutschland könne "ohne große staatliche Rettungspläne die aktuelle Finanzkrise meistern". Der SPD-Fraktionsvize Joachim Poß warnte die USA davor, "für ihr Versagen und ihre Ignoranz Deutschland in Haftung" zu nehmen. Staatliche Maßnahmen, wie sie jetzt in den USA vorbereitet würden, seien in Deutschland weder geplant noch erforderlich.

Die Bundeskanzlerin machte die Vereinigten Staaten und Großbritannien für die Finanzkrise mitverantwortlich. Die Amerikaner hätten sich lange geweigert, internationale Vorschriften zur Kreditvergabe und zum Kredithandel von Banken umzusetzen, sagte Merkel auf einem Wirtschaftskongress im österreichischen Linz.

Zu lange sei gesagt worden: "Lasst die Märkte machen, wir brauchen nicht mehr Transparenz." Inzwischen habe sich die Haltung aber geändert. "Heute sind wir weiter, weil auch Amerika und Großbritannien sagen: Ja, wir brauchen mehr Transparenz." Merkel sprach sich für eine schärfere Regulierung der Finanzmärkte aus. Am späten Freitagabend hatte die deutsche Finanzaufsicht Bafin bereits sogenannte Leerverkäufe verboten. Bei diesem Geschäft wetten Spekulanten auf fallende Kurse.

Die Finanzkrise wird aller Voraussicht nach auch das Wirtschaftswachstum in Deutschland bremsen. So erwägt die Bundesregierung, ihre Prognose für das nächste Jahr zu senken. Dem Spiegel zufolge rechnen die Experten von Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) nur noch mit einem Plus von 0,5 Prozent. Bislang waren sie von 1,25 Prozent ausgegangen. Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger hält sogar eine Stagnation für möglich.

© SZ vom 22.09.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: