USA: Finanzmarktregulierung:Sheriff für die Finanzwirtschaft

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Die USA planen einen großen Schritt bei der Regulierung der Finanzmärkte und wollen ihrer Notenbank gewaltige Macht geben. Umso ernster sind aber die Mängel des Vorhabens zu nehmen.

Nikolaus Piper

Nie wieder! So versprechen Politiker von Washington bis Berlin. Nie wieder sollen Bankmanager die Weltwirtschaft an den Rand des Abgrunds bringen. Strenge Regeln sollen für Sicherheit sorgen. Jetzt wird die Regierung von Barack Obama einen ersten Entwurf für solche Regeln vorlegen. Nach allem, was bisher bekannt ist, enthält er wesentliche Verbesserungen, aber auch einige ärgerliche Kompromisse.

Ist das der große Wurf? Die US-Regierung will verhindern, dass die Weltwirtschaft noch einmal von Bankmanagern an den Rand des Abgrunds geführt werden kann. (Foto: Foto: AFP)

Der Kerngedanke jeder Regulierung der Finanzmärkte ist denkbar einfach: Banken müssen schlechte Zeiten aushalten können. Sie müssen erstens dafür sorgen, dass ihre Kredite nicht faul werden, und zweitens auch dann zahlungsfähig bleiben, wenn dies doch geschieht.

Sie müssen so transparent sein, dass Außenstehende, vor allem die Aufsichtsbehörden, notfalls eingreifen können. Das Problem liegt in der Grenzenlosigkeit der menschlichen Phantasie und der Begrenztheit der Menschen, die Folgen des eigenen Tuns zu verstehen.

Die Finanz-Genies an der Wall Street erfinden Produkte, die die Welt in die Luft sprengen können, noch ehe Aufsichtsräte und Behörden begriffen haben, worum es geht.

Obamas Finanzminister Timothy Geithner will dieses Politikproblem dadurch lösen, dass er die Notenbank Federal Reserve zum Sheriff für die Finanzwirtschaft macht. Die Fed bekommt die Aufsicht über alle systemrelevanten Finanzinstitute, sie ordnet an, wie viel Kapital diese vorhalten müssen und kann im Notfall eine Bank unter Zwangsverwaltung stellen. Eine ungeordnete Pleite, wie die der Investmentbank Lehman Brothers, mit der im vergangenen September die katastrophale Phase der Finanzkrise begann, wäre künftig nicht mehr möglich.

Auch hochspekulative Hedgefonds müssen sich registrieren lassen, jenseits einer bestimmten Größe fallen sie ebenfalls unter die Bankenaufsicht. Die Vollmachten der Fed werden künftig weit über das hinausgehen, was irgendeine Behörde in Europa darf.

Die Bedeutung dieses Entwurfs kann kaum überschätzt werden. Es ist ein großer erster Schritt, schließlich hat das Unglück in den USA begonnen, und Amerika bleibt auch nach der Krise der bei weitem wichtigste Finanzmarkt. Gelingt es Obama, das Gesetz in seinem Kern durch den Kongress zu bringen, wird dies Standards für die ganze Welt setzen.

Umso ernster sind aber auch die Mängel des Entwurfs zu nehmen: Minister Geithner verzichtet darauf, die Zahl der Regulierungsbehörden in den USA zu reduzieren. Es bleibt bei dem schädlichen Wirrwarr. Viele Banken hatten die unzähligen Lücken im System meisterhaft genutzt und missbraucht.

Geithner nimmt nun weniger auf die Banken Rücksicht, als auf die Interessensgruppen im Kongress. Er fürchtet, den Kampf um eine bessere Regulierung zu verlieren, wenn er sich auch noch der Institutionen und ihrer Lobbys annehmen würde. Es ist ein vermutlich unvermeidbarer Kompromiss, aber die Regierung muss dafür sorgen, dass er nicht die Reform gefährdet.

© SZ vom 16.06.2009/as/tob/woja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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