US-Sanktionen:Die Pipeline offen halten

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Ein Markt in Teheran: Viele Menschen können sich Obst und Gemüse nicht mehr leisten, weil die Preise dafür steigen. Wegen der US-Sanktionen werden viele Waren knapp. (Foto: Ali Mohammadi/Bloomberg)

Europa will Iran Überweisungen fürs Ölgeschäft weiter ermöglichen, gegen den Widerstand der USA. Zahlungsdienstleister Swift aber sperrt Banken den Zugang.

Von Paul-Anton Krüger, München

Die wichtigste Frage für Iran angesichts der wieder in Kraft gesetzten US-Sanktionen ist, wie die Islamische Republik weiter finanzielle Transaktionen mit dem Rest der Welt abwickeln kann. Selbst fortgesetzte Ölexporte helfen dem Land nur bedingt, wenn die dringend benötigten Devisen auf Sperrkonten landen. Die Außen- und Finanzminister Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands sowie die EU-Außenbeauftragte haben in einer gemeinsamen Erklärung Teheran zugesichert, auf "die Bewahrung und Offenhaltung effektiver Finanzkanäle mit Iran sowie an der Fortsetzung der iranischen Öl- und Gasexporte hinzuwirken". Doch das Vorhaben erweist sich als schwierig - auch weil die Hardliner in Iran die notwendige Kooperation der Regierung von Präsident Hassan Rohani in Teilen blockieren.

Donald Trump legt großen Wert darauf, das Land vom Finanzsystem auszuschließen

Am Montag noch hat das in Belgien ansässige Swift-Netzwerk bekanntgegeben, es habe "gewissen iranischen Banken" den Zugang gesperrt. Swift ist ein Dienstleister, der es Finanzinstitutionen ermöglicht, internationalen Zahlungsverkehr untereinander über ein elektronisches Nachrichtensystem abzuwickeln. Swift teilte nicht mit, welche oder wie viele iranische Banken betroffen sind; auf den Sanktionslisten der USA stehen etwa 50 Geldinstitute. Die Regierung von Präsident Donald Trump legt großen Wert darauf, Iran vom internationalen Finanzsystem abzuschneiden und ist der Überzeugung, dass die Sanktionen wie gewünscht nur dann "maximalen Druck" entfalten, wenn es gleichzeitig gelingt, die Öl-Exporte Irans zu reduzieren und dem Land unmöglich zu machen, an die Einnahmen aus diesen Geschäften zu gelangen.

Die Europäer hatten gehofft, zumindest einigen Banken den Zugang zum Swift-System offenhalten zu können. Die Amerikaner hatten mit Sanktionen gegen den Dienstleister gedroht, auf den auch amerikanische Banken angewiesen sind. Konkret würden sich die Strafen deswegen vermutlich gegen die Geschäftsleitung des Unternehmens richten. Swift bedauerte die Entscheidung zwar, begründete sie aber mit dem Auftrag als "neutraler Dienstleister" die Integrität und Sicherheit des globalen Finanzsystems wahren zu müssen.

Allerdings steht Iran vor dem Risiko, sich selbst vom internationalen Finanzsystem abzukoppeln, weil sich der Machtapparat in Teheran nicht darauf einigen kann, internationale Regeln zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung umzusetzen. Die im Jahr 1989 gegründeten Financial Action Task Force (FATF) ist der wichtigste zwischenstaatliche Zusammenschluss auf diesem Gebiet und setzt de facto weltweit gültige Standards etwa für die Transparenz von Banken.

Iran hatte ursprünglich eine Frist bis Oktober erhalten, um wichtige Regeln in nationales Recht umzusetzen; diese Frist wurde nochmals bis Februar verlängert. Das Parlament hatte im Oktober mit knapper Mehrheit den letzten der vier nötigen Gesetzentwürfen der Regierung verabschiedet; er betrifft Terrorfinanzierung. Der Wächterrat, ein von den ultrakonservativen Hardlinern dominiertes Gremium, lehnte das Gesetz jedoch als verfassungswidrig und nicht mit dem Islam vereinbar ab und verwies es zurück an das Parlament. Zwei weitere Gesetze muss das Gremium noch prüfen, eines trat im August in Kraft. Den Hardlinern gilt die FATF als Vehikel der Amerikaner, was noch verstärkt wird dadurch, dass die USA derzeit die rotierende Präsidentschaft innehaben. Sie befürchten, dass damit Irans Unterstützung für im Westen als terroristisch eingestufte Gruppen wie die Hamas oder die Hisbollah unterbunden werden soll.

Die Europäer erwägen eine Gesellschaft für Tauschhandel mit Iran. Doch wer stellt den Sitz?

Die Mitgliedstaaten der FATF hatten Iran bei einer Sitzung Mitte Oktober in Paris eine letzte Fristverlängerung gewährt, brachten aber ihre Enttäuschung zum Ausdruck, dass ein Großteil des geforderten Aktionsplans nicht umgesetzt wurde. Von zehn Punkten hat Iran bislang nur einen zufriedenstellend abgearbeitet. Eine weitere Fristverlängerung gilt als unwahrscheinlich. Sollte Iran aber bis Februar den Forderungen nicht nachkommen, landet die Islamische Republik auf einer schwarzen Liste. Banken müssen Transaktionen mit solchen Ländern besonders überwachen und scheuen den Aufwand und das Risiko illegaler Transaktionen. Der Bundesverband deutscher Banken kritisierte, abgesehen von den US-Sanktionen seien die mangelnde Transparenz der iranischen Wirtschaft und die Defizite bei der Umsetzung internationaler Standards die größten Hindernisse im Iran-Geschäft.

Offen ist noch die Frage, welche Auswirkung die FATF-Entscheidungen in Iran auf die Umsetzbarkeit der von der EU angestrebten Zweckgesellschaft zur Abwicklung von Transaktionen mit Iran haben könnte - möglich wären sie weiterhin, sagen Diplomaten. Auch wird ein Tauschhandel erwogen, bei dem Waren mit anderen Waren oder Dienstleistungen bezahlt werden und kein Geld fließt. Allerdings tut sich die EU auch schwer, ein Land zu finden, das bereit ist, als Sitz der Gesellschaft zu dienen. Ein Sprecher des Außenministeriums in Teheran sagte: "Das ist eine neue Initiative mit sehr komplizierten Mechanismen, die viel Sorgfalt und dementsprechend auch Zeit braucht." Die USA kritisierten die Gesellschaft als "Papiertiger" ohne Nachfrager und drohten mit Sanktionen auch gegen die Firma und deren Führung.

© SZ vom 07.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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