US-Notenbank Fed:Börsenhandel mit Überlichtgeschwindigkeit

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800 Millionen Dollar in wenigen Tausendstel Sekunden: Händler an der Börse von Chicago reagierten auf eine Ankündigung der US-Notenbank Fed einige Millisekunden, ehe diese Information sie überhaupt hätte erreichen können. Haben sie die Gesetze der Physik ausgehebelt? Oder hatten sie einfach nur Insider-Informationen?

Es geht um sieben Tausendstel einer Sekunde. So lange dauert es, bis eine Information der US-Notenbank Fed von Washington nach Chicago gelangt. Und so lange müsste es auch mindestens dauern, ehe die automatischen Kauf- und Verkaufprogramme der Händler an der Börse von Chicago auf eine Entscheidung der Fed reagieren können.

Es sei denn, jemand hat einen Weg gefunden, die Gesetze der Physik außer Kraft zu setzen. Informationen werden höchstens mit Lichtgeschwindigkeit verschickt, und der Weg durch die Glasfaserleitungen zwischen Washington und Chicago dauert sieben Millisekunden. Es wird aber auch ein anderes Szenario diskutiert: Jemand hat von der Entscheidung der Fed bereits früher erfahren. So wie es möglicherweise vor einigen Tagen geschehen ist.

Laut einem Bericht des US-Fernsehsenders CNBC haben Händler an der Chicagoer Börse bereits einige Millisekunden bevor sie die Nachricht überhaupt hätte erreichen können auf die Entscheidung der Notenbank reagiert - und in großem Umfang gehandelt.

Die Fed hatte zuvor überraschend beschlossen, den Ankauf von Staatsanleihen im Umfang von monatlich 85 Milliarden Dollar unverändert beizubehalten. Laut dem Bericht hätten aber einige Händler an der Chicagoer Börse eine Handels-Rally ausgelöst. Insbesondere bei Terminkontrakten im Goldhandel sei es zu ungewöhnlichen Handelsbewegungen gekommen.

800 Millionen Dollar in wenigen Augenblicken

Aufgespürt hat dies das New Yorker Unternehmen Nanex, das Daten über Abschlüsse und Angebote an US-Börsen auswertet. Laut Nanex-Chef Eric Hunsader wurden in Chicago bereits in den ersten sieben Millisekunden nach Bekanntgabe des Entscheids Termingeschäfte im Wert von rund 800 Millionen Dollar getätigt. Daraus folgert Hunsader: "Das bedeutet, dass die Nachricht in Chicago bereits vorgelegen haben muss."

Die Fed untersucht derzeit, ob vor Bekanntgabe des Beschlusses bereits Informationen in die Handelsräume gelangt sind. Ein Fed-Sprecher verwies darauf, dass Nachrichtenagentenagenturen wie Reuters, Bloomberg oder Dow Jones vorab über die Entscheidungen informiert würden und schriftlich die Einhaltung einer Sperrfrist zusagen müssten. Über dieses Verfahren werde noch einmal mit den Agenturen gesprochen. Von den genannten Medien war nicht zu erfahren, ob die Fed bei ihnen vorstellig geworden ist.

Neil Irwin, Kolumnist der Washington Post, sieht in dem Vorfall ein Indiz dafür, dass der Ultrahochfrequenz-Handel einen Wohlfahrtsverlust für die Gesellschaft bringt. Und findet, dass all die talentierten Menschen, die auf diesem Feld arbeiten, doch wahrlich etwas sinnvolleres tun könnten, als zu versuchen, Gold-Optionen schneller als mit Lichtgeschwindigkeit zu handeln.

© Süddeutsche.de/Reuters/mahu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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