US-Finanzminister Timothy Geithner gerät wegen der dubiosen Hintergründe der Rettung des Versicherungskonzern AIG unter Druck. Geithner, der bis zu seinem Amtsantritt vor fast einem Jahr die New Yorker Regionalabteilung der Notenbank Fed leitete, sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, der Öffentlichkeit wichtige Informationen vorenthalten zu haben.
Dem kalifornischen Abgeordneten Darrell Issa sind E-Mails in die Hände gelangt, in denen ein Anwalt der New Yorker Fed den Krisenkonzern AIG wissen lässt, dass eine Besprechung von Details der staatlichen Stützungsmaßnahmen unerwünscht sei. Damit könnte AIG auf Geheiß der Fed - und damit möglicherweise von Geithner selbst - gegen Transparenzpflichten verstoßen haben. Es geht um Überweisungen, die AIG im Herbst 2008 nach der Rettung durch die Regierung anwies.
Der Versicherungskonzern hatte Großbanken in großem Umfang gegen die Ausfälle von komplexen Wertpapieren versichert und sich dabei übernommen. Ohne Hilfe der Regierung wäre AIG zahlungsunfähig gewesen, die Banken hätten ihren Versicherungsschutz verloren und hohe Verluste verbuchen müssen. Nach der Rettung beglich AIG die Schulden in voller Höhe.
Fed drängte auf Geheimhaltung
Kritiker bezeichnen dies als Milliardengeschenk auf Kosten der Steuerzahler. Offenbar schätzte auch die Fed den Vorgang als brisant ein und drängte daher auf Geheimhaltung. Bekannt wurden die Vorgänge erst mit einem halben Jahr Verspätung. Bei der Frage, ob dadurch Vorschriften des Anlegerrechts verletzt wurden, sind sich Experten nicht einig. In jedem Fall ist die Debatte für Geithner schädlich. Er ist einer der wichtigsten und zugleich angeschlagensten Minister im Kabinett von Präsident Barack Obama.
Schon mehrfach kursierten Gerüchte über seine Ablösung. Erst im November geriet Geithner bei einer Anhörung im Kongress mit Abgeordneten aneinander. "Die Öffentlichkeit hat jedes Vertrauen verloren, dass Sie fähig sind, Ihren Job zu machen", herrschte ihn der Republikaner Kevin Brady an. Da auch unter Demokraten der Rückhalt für den Minister geschwunden ist, wurde bereits JP-Morgan-Chef James Dimon als Nachfolger gehandelt.
Geithner verunsicherte gleich nach seinem Amtsantritt die Märkte mit einem unausgegorenen Plan zur Reinigung der Bankbilanzen und begann einen Streit mit China um Wechselkurse. Von diesen Fehltritten hat er sich nie erholt. Dem Minister fehlen das Charisma und die Autorität seines Vorgängers Henry Paulson. Bei öffentlichen Auftritten wirkt er nervös. Zudem wird Geithner von Kritikern vorgeworfen, die Krise nicht vorhergesehen zu haben. Seit 2003 war Geithner als New Yorker Fed-Chef für die Kontrolle der Wall Street zuständig. Doch die Kreditexzesse der Banken, die die Weltwirtschaft an den Rand des Abgrunds führten, entgingen ihm.
Das Finanzministerium bemühte sich zuletzt um Schadensbegrenzung. Geithner sei in die Entscheidungen über die Informationspolitik von AIG nicht involviert gewesen, sagte eine Sprecherin. "Versuche, die Öffentlichkeit hinters Licht zu führen, gab es nicht.", sagte Thomas Baxter von der New Yorker Fed. "Unser Focus war es, die Interessen der Steuerzahler in Zeiten schwerer wirtschaftlicher Not zu schützen." Die Fed fürchtete im Herbst 2008, dass die Nennung der Vertragspartner von AIG weitere Erschütterungen an den ohnehin stark verunsicherten Märkten ausgelöst hätte.
Darrell Issa, der Abgeordnete, der die Debatte ins Rollen brachte, will Geithner ins Kapitol zitieren.