Unterwegs:Gefährliche Flitzer

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Ein Mann fährt mit einem elektrischen Tretroller durch Berlin auf dem Gehsteig. Das kann für Fußgänger gefährlich werden. (Foto: Tobias Schwarz/AFP)

E-Scooter dürfen nun doch nicht auf dem Gehweg fahren. Das Risiko ist für Fußgänger zu hoch.

Von Christina Müller, München

Sie sollen ein neues Mobilitätsangebot für viele Städter sein: E-Scooter. Doch wo die elektrischen Tretroller fahren dürfen, ist umstritten. Am Dienstag ist Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) auf die Warnungen von Verbänden und Landespolitikern eingegangen, die zahlreiche Unfälle mit Fußgängern befürchten, wenn langsamere Roller auf Bürgersteigen fahren dürfen. So sah es der Gesetzentwurf bisher vor. Jetzt ist Scheuer bereit, diesen Passus zu der Verordnung zu streichen. Der Bundesrat stimmt am 17. Mai über die Zulassung der Fahrzeuge ab.

Doch sind die kleinen Flitzer trotzdem besonders gefährlich, auch wenn sie nur auf Straßen und Radwegen unterwegs sind? Aktuelle Zahlen aus Amerika stützen diese These. Eine Studie der US-Gesundheitsbehörde Center for Disease Control and Prevention hat für einen Zeitraum von zwei Monaten Unfälle mit den elektrischen Tretrollern in der texanischen Stadt Austin ausgewertet. 190 Menschen verunglückten in dem Untersuchungszeitraum mit einem Scooter in der Stadt. Dabei wurden nur Fälle berücksichtigt, bei denen sich die Verletzten in ärztliche Behandlung begaben und dort entsprechende Angaben zu ihrem Unfall machten, die Dunkelziffer dürfte also deutlich höher sein.

Der Behörde zufolge sind vor allem Menschen gefährdet, die ungeübt im Umgang mit E-Scootern sind. Ein Drittel der Unfallopfer war zum ersten Mal mit einem E-Tretroller unterwegs, ein weiteres Drittel gab an, zuvor ein bis neun Mal gefahren zu sein. Dabei behaupteten 60 Prozent der Verunglückten, über die Apps der Verleihanbieter eine Art Fahrtraining erhalten zu haben. Die Studie zeigt auch: Während weniger als ein Prozent der Fahrer einen Helm trugen, erlitten fast die Hälfte aller Unfallopfer Kopfverletzungen. Insgesamt stuften die Studienautoren die Blessuren in 80 Fällen als "schwer" ein. Darunter fallen Knochenbrüche oder Organschäden.

Lediglich 33 Prozent der Unfälle passierte auf Gehwegen, 55 Prozent der Fahrer wurden auf der Straße verletzt. Als Grund für ihren Unfall gaben 37 Prozent der Verletzten "überhöhte Geschwindigkeit" an, jeder Fünfte glaubt, dass eine Fehlfunktion am Scooter für seinen Crash verantwortlich war.

Vergleicht man die Zahlen aus Austin mit Statistiken zu Fahrradunfällen in Deutschland, dann zeigt sich auf den ersten Blick ein eindeutiges Bild. Die Studienmacher aus Amerika geben an, dass die von ihnen dokumentierten Unfälle auf insgesamt rund 1,4 Millionen gefahrenen Kilometern passiert sind. Das bedeutet, pro eine Million gefahrener Kilometer mit dem E-Scooter verletzten sich 135 Menschen. Der ADAC bezifferte das Unfallrisiko für Radfahrer 2014 dagegen noch mit 2,13 Verunglückten für die gleiche Strecke. Ob diese Zahlen wirklich miteinander vergleichbar sind, ist allerdings fraglich. Eine Erhebung, bei der in einem bestimmten Zeitraum die Zahl der verunglückten Radfahrer in einem begrenzten Gebiet erfasst wurde, gibt es nicht.

Doch wie ist der Fahrer versichert, wenn er mit einem E-Tretroller stürzt? Der aktuelle Gesetzentwurf sieht für Deutschland eine Versicherungspflicht für "Elektrokleinstfahrzeuge" vor. Damit braucht jeder E-Scooter eine Versicherungsplakette, analog zu einem Mofa. Der Fahrer haftet nicht für Fremdschäden, wenn er sie nicht fahrlässig oder mutwillig verursacht. Leiht man einen E-Scooter bei einer der zahlreichen Mietfirmen, muss das Unternehmen den Roller versichern. Als Fahrer ist man somit geschützt, wenn man zum Beispiel einen anderen Menschen während der Fahrt verletzt oder etwas beschädigt. Was nicht automatisch versichert ist, sind eigene Schäden - also wenn man seinen eigenen Roller beschädigt oder sich selbst bei einem Unfall verletzt. Dafür braucht es eine private Unfallversicherung oder eine Haftpflicht mit Teilkasko.

Wenn man im Ausland einen Scooter mieten möchte, sollte man sich mit den dort geltenden Regelungen vertraut machen. Das betrifft die Helmpflicht, das Mindestalter zur Nutzung und wo die Roller unterwegs sein dürfen. In vielen Ländern gibt es keine Versicherungspflicht für E-Tretroller, sodass der Mieter für alle Unfallfolgen selbst aufkommen muss, wenn er nicht mit einer entsprechenden Privathaftpflicht vorgesorgt hat. Auch einzelne Verleiher unterscheiden sich in diesem Punkt. Manche Firmen haben eine Versicherung inkludiert, andere bieten das nur als Zusatzleistung an.

© SZ vom 08.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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