Sexismus bei Under Armour:Etwas fürs männliche Auge

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Under-Armour-Laden in Peking: Bei Frauen kommt die Marke kaum an. Das rächt sich finanziell. (Foto: Giulia Marchi/Bloomberg)
  • Die Führungsriege von Under Armour ist bekannt für ihr großspuriges Auftreten.
  • Doch wie sehr Sexismus, Chauvinismus und Machotum förmlich zur DNA von Under Armour gehören, hat jetzt das Wall Street Journal in einer groß angelegten Recherche aufgedeckt.

Von Claus Hulverscheidt, New York

An dicker Hose und großmäuligem Männer-Gehabe hat es bei Under Armour ja noch nie gemangelt, und wer weiß, vielleicht liegt das sogar in der Natur der Sache, wenn ein breitschultriger Ex-Footballspieler aus dem Nichts einen florierenden Hersteller von Armee-Unterwäsche erschafft und diesen dann zu einem Sportartikelkonzern mit 14 000 Beschäftigten und fünf Milliarden Dollar Jahresumsatz ausbaut.

Adidas? "Unser dümmster Konkurrent", lästerte Firmenchef Kevin Plank gerne. Dem Nike-Gründer Phil Knight schickte er mehrfach Weihnachtskarten mit der Aufschrift "Sie werden uns kennenlernen". In seinen Werbespots inszenierte das Unternehmen Spitzensportler wie Football-Star Tom Brady und den Basketballer Stephen Curry gerne als harte Jungs, selbst Skirennläuferin Lindsey Vonn erinnerte in mancher Anzeige mehr an die Videospielkriegerin Lara Croft als an eine Athletin.

Wie sehr Sexismus, Chauvinismus und Machotum jedoch tatsächlich zur DNA von Under Armour gehören, hat jetzt das Wall Street Journal in einer groß angelegten Recherche aufgedeckt. Danach war es in der Firma nicht nur jahrelang üblich, dass männliche Mitarbeiter - darunter Plank persönlich - Kundentermine im Stripclub als Spesen abrechneten oder über die Firmenkreditkarte bezahlten. Vielmehr sollen Manager zum jährlichen Firmenfest für Geschäftspartner, Athleten und Prominente auf Planks Pferderanch in Maryland gezielt besonders attraktive Mitarbeiterinnen einbestellt haben, deren einzige Aufgabe es war, das Auge der männlichen Gäste zu erfreuen. Leitende Angestellte sollen weibliche Beschäftigte zudem sexuell belästigt haben.

"Wir können und müssen uns bessern"

Erst Monate nach dem Entstehen der MeToo-Bewegung im Herbst vergangenen Jahres schwante den Under-Armour-Managern, dass derlei Praktiken mit den gesellschaftlichen Ansprüchen an ein Unternehmen des 21. Jahrhunderts womöglich nicht vereinbar sein könnten. So schrieb Finanzchef David Bergman im Februar in einer E-Mail an die Beschäftigten, die Firma werde bestimmte Ausgaben nicht länger erstatten. Dazu zählten Kasino- und Nachtclub-Besuche sowie die Nutzung teurer Fahrdienste. Plank legte jetzt, nach Bekanntwerden der Journal-Recherchen, noch einmal nach: "Unsere Kolleginnen verdienen es, in einem respektvollen und unterstützenden Umfeld zu arbeiten", hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme. "Wir können und müssen uns bessern."

Dabei ist Einsicht nicht nur aus moralischen, sondern auch aus geschäftlichen Gründen dringend vonnöten, denn das extrem maskuline Image der Marke trägt seit Jahren dazu bei, dass das Unternehmen bei weiblichen Konsumenten kaum ein Bein auf den Boden bekommt. Kundinnen steuern lediglich ein Fünftel zum Umsatz bei. Versuche, das Image zu verändern, etwa durch die Verpflichtung der afroamerikanischen Primaballerina Misty Copeland als Werbefigur, brachten bisher wenig. 2016 rutschte der Konzern gar in eine veritable Krise, der Aktienkurs brach um fast 80 Prozent ein. Zuletzt ging es wieder aufwärts, vor allem die hohen Investitionen im Ausland machen sich bezahlt.

Ob Under Armour nach der geschäftlichen auch die kulturelle Wende schafft, muss sich dagegen erst zeigen. Dass Plank Stripclub-Besuche und ungebührliches Verhalten seiner Kollegen so lange duldete, wirft kein gutes Licht auf den Firmengründer. Hinzu kommt seine Sympathie für Präsident Donald Trump, die ihm schon mehrfach Proteste und Kündigungsdrohungen der Werbeikonen Curry und Copeland einbrachte.

Auch seine Personalpolitik sorgte immer wieder für Ärger: So soll Plank Freunde und Verwandte auf Top-Positionen gehievt haben, während gleich oder besser qualifizierte Bewerberinnen nach Auskunft der Betroffenen ignoriert wurden. Eine ganze Reihe leitender Mitarbeiterinnen kehrte der Firma in den vergangenen Jahren den Rücken. Planks Bruder Scott verließ das Unternehmen dagegen erst, nachdem es Vorwürfe sexuellen Fehlverhaltens gegen ihn gegeben hatte.

Übrigens: Das traditionelle Fest für Geschäftspartner, Kunden, Sportler und Prominente auf Planks Pferderanch fiel in diesem Jahr aus.

© SZ vom 07.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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