Umwelt:EU-Firmenlobby stützt Klimaziele

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Kein Symbol für Klimaschutz: Das Kraftwerk Bełchatów in Polen gilt als größtes Kohlekraftwerk Europas. (Foto: Kacper Pempel/Reuters)

Der EU-Dachverband der Unternehmerorganisationen warnt dennoch, dass die Industrie abwandern könnte.

Von Björn Finke, Brüssel

Die Wirtschaftslobby gibt sich ganz grün: Business-Europe, der EU-Dachverband der Unternehmerorganisationen, stellte nun seine Forderungen an die neue EU-Kommission vor. Darin begrüßt die Brüsseler Lobbygruppe das ehrgeizige Ziel der Behörde, den Kontinent bis 2050 klimaneutral zu machen. Dies würde bedeuten, dass die EU-Staaten dann für ihren kompletten Ausstoß an Treibhausgasen Ausgleich schaffen müssen, etwa durch Aufforsten. Unternehmen und Haushalte dürften nur noch deutlich weniger Kohlendioxid in die Atmosphäre blasen. Die große Mehrheit der Mitgliedstaaten unterstützt das ambitionierte Vorhaben, nur Polen, Ungarn und Tschechien geht der Plan der EU-Kommission bislang zu weit. Estland schwenkte zuletzt vom Lager der Skeptiker in das der Anhänger um.

Die Begeisterung von Business-Europe für das teure, grüne Ziel ist ebenfalls recht frisch: Beim Thema Klimaschutz "waren wir noch nie so konstruktiv wie heute", sagt Geschäftsführer Markus Beyrer. Sein Verband wolle den Kampf gegen den Klimawandel als Partner mitgestalten. Es sei allerdings wichtig, "es richtig hinzubekommen", damit die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie nicht leide und die Stromversorgung sicher bleibe, sagt der Österreicher an der Spitze des Verbands, dessen deutsche Mitglieder BDA und BDI sind, die Arbeitgeber- und die Industrievereinigung.

Die Unternehmerlobbies treibt die Sorge um, dass andere Wirtschaftsmächte wie die USA und China nicht mitziehen. Europa steht nur für ein Zehntel des Ausstoßes an Klimagasen, und der Anteil soll sich Schätzungen zufolge bis 2030 halbieren.

Harte Auflagen in der EU könnten Industriebetriebe vertreiben - sie würden dann außerhalb Europas produzieren und Kohlendioxid in die Luft blasen. Jobs gingen verloren, dem Klima wäre nicht geholfen.

Die designierte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will deswegen eine Kohlendioxid-Grenzsteuer einführen: Bei Importen von außerhalb Europas würde geprüft, ob die Herstellung im Herkunftsland unter klimaschädlicheren Bedingungen stattfindet, als es innerhalb der EU üblich ist. Wenn ja, wäre eine Strafabgabe fällig. Dies würde Einfuhren aus Ländern mit miserablen Klimaschutz-Standards verteuern und Europas Industrie vor dreckiger Konkurrenz schützen.

Business-Europe sei noch "vor einem Jahr total gegen" solch einen grünen Zoll gewesen, sagt Lobbychef Beyrer. Kritiker befürchten, Wirtschaftsmächte wie die USA und China könnten aus Verärgerung über Europas Kohlendioxid-Abgabe selbst neue Zölle erheben - es drohte ein Handelskrieg. Inzwischen sei der Verband aber bereit, über Vor- und Nachteile der Grenzsteuer zu diskutieren, sagt Beyrer. Allerdings müsse sichergestellt sein, dass die Abgabe den Regeln der Welthandelsorganisation WTO entspricht.

Die Brüsseler Lobbygruppe präsentierte auch Forderungen zu anderen Politikfeldern. So müsse der EU-Binnenmarkt gestärkt werden. Der gemeinsame Markt vereinfacht grenzüberschreitende Geschäfte, aber zuletzt hätten manche Staaten neue Hürden für Anbieter aus dem EU-Ausland errichtet, heißt es in dem Positionspapier. Außerdem solle die EU-Kommission ihren Ansatz bei der Kontrolle von Fusionen weiterentwickeln; die Wettbewerbshüter seien manchmal zu dogmatisch und berücksichtigten zu wenig, dass Europas Konzerne unter stärkerem Konkurrenzdruck von außerhalb der EU stünden, sagt Beyrer: etwa durch aufstrebende chinesische Unternehmen. Der Verband ruft zudem die Mitgliedstaaten auf, der EU mehr Geld für die Förderung von Forschung zur Verfügung zu stellen.

© SZ vom 15.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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