Umstrittener Investor Samwer:"Ich bin der aggressivste Mann im Internet"

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Mit einem "Blitzkrieg" will Oliver Samwer den Online-Markt für Möbel erobern: Den Begriff benutzte er in einer E-Mail an Mitarbeiter, die voller militärischer Formulierungen ist. Mittlerweile hat sich Samwer für seine Wortwahl entschuldigt.

Kilian Haller

Oliver Samwer betätigt sich mit seinen beiden Brüdern Marc und Alexander als Risikokapital-Geber für Startups. Wer eine Geschäftsidee hat, die auf Internet oder Mobilfunk aufbaut, kann sich bei der Samwer-Firma "Rocket Internet" melden - vielleicht stehen die Brüder dem ambitionierten Gründer dann bald mit Know-How und Kleingeld zur Seite.

In der Öffentlichkeit lassen sich Marc (l.) und Oliver Samwer mittlerweile nicht mehr so oft sehen. Auf dem Bild posieren die beiden im Jahr 2001 für ihren damals noch neuen Dienst Jamba auf der CeBIT in Hannover. (Foto: DDP)

Dass sie aus einer Geschäftsidee tatsächlich ein wertvolles Unternehmen machen können, haben die Samwer-Brüder bereits mehrfach bewiesen: Ihre Karriere begannen sie mit der Gründung des Internet-Auktionshauses Alando, das bereits nach einem halben Jahr für angeblich 30 Millionen Mark von Ebay aufgekauft wurde.

Im Jahr 2000 waren die Brüder an der Gründung von Jamba beteiligt, für das ein amerikanisches Unternehmen vier Jahre später 273 Millionen US-Dollar zahlte. Mit StudiVZ, MyVideo und BigPoint gab es weitere Erfolge zu verzeichnen. Einer der drei scheint besonders großen Anteil am Erfolg zu haben: "Oliver Samwer ist nach Ansicht vieler das Herz des Unternehmens", schreibt das Magazin TechCrunch.

Die Erfolgsgeschichte der Samwer-Brüder bekommt aber einen negativen Beigeschmack. TechCrunch hat eine E-Mail veröffentlicht, die Oliver Samwer im Oktober an verschiedene Mitarbeiter geschickt hatte. Darin fordert der Investor in englischer Sprache und mehrere Mitarbeiter auf, "die Chance ihres Lebens" zu nutzen; im E-Commerce gäbe es nach den Erfolgen von Amazon und Kleider- und Schuhverkäufern nur noch eine Sparte, die fette Gewinne verspreche: die Möbelbranche. Samwer weist seine Mitarbeiter in rabiater Spracher an, den Möbelverkauf über das Internet möglichst schnell an sich zu reißen: "Überrascht mich mit eurer Aggressivität, aber mit schlauer und durchdachter Aggressivität".

"Ihr müsst mit eurem Blut unterschreiben"

In seiner Motivationsschrift wählt Samwer Formulierungen mit zweifelhaftem Charakter. So fordert er, dass das Marktsegmenet mit einer "Blitzkrieg"-Strategie zu erobern sei - und greift dabei auf NS-Vokabular zurück. Das Wort "Blitzkrieg" bezeichnet eine militärische Strategie, die Hitler-Deutschland im Krieg häufig anwandte und bei der der Gegner mit überraschenden, koordinierten Angriffen der verschiedenen Teilstreitkräfte möglichst schnell außer Gefecht werden sollten. Der Begriff ist heute auch in anderen Sprachen wie Englisch oder Französisch bekannt.

Der harsche, militärische Ton durchzieht das komplette Schreiben. An anderer Stelle heißt es zum Beispiel: "Ihr müsst bei eurem Plan mit allem rechnen, damit es keine Überraschungen gibt. Ich akzeptiere keine Überraschungen. Ich will, dass dieser Plan von euch dreien besiegelt wird: Ihr müsst ihn mit eurem Blut unterschreiben." Am Ende schließt der 38 Jahre alte Samwer: "Ich bin der aggressivste Mann im Internet - ich würde sterben um zu gewinnen und von euch erwarte ich das gleiche!"

Die Quelle, die TechCrunch die E-Mail weiterleitete, sagte dazu: "Samwer ist bekannt dafür, sehr oft militärische Begriffe und obszöne Sprache zu verwenden - diese Art der Motivation ist definitiv 'Olli Samwer-Style'."

Das Magazin konfrontierte den Geschäftsmann mit der E-Mail, woraufhin dieser die Echtheit bestätigte und sich entschuldigte: "Angetrieben von meinem Enthusiasmus und der Idee einer schnellen Markteinführung habe ich das vollkommen unangebrachte Wort 'Blitzkrieg' verwendet. Das tut mir sehr leid. Ich entschuldige mich bei jedem, der durch dieses Wort oder den allgemeinen Ton der E-Mail verletzt sein könnte."

Umstrittene Geschäftsmethoden

Auch in anderen Bereichen hatte Rocket Internet in den vergangenen Monaten negative Schlagzeilen gemacht: Mitte Dezember berichtete deutsche-startups.de, dass 20 Rocket-Mitarbeiter die Firma verlassen hätten, darunter "fast das komplette Führungsteam" inklusive Mitbegründer Christian Weiss. Uwe Horstmann, ein weiteres Gründungsmitglied der Firma, war bereits im Sommer gegangen.

Die Samwer-Firma ist auch aus anderen Gründen umstritten: Der Erfolg der drei Brüder liegt nicht in innovativen Ideen, sondern frechem Kopieren begründet: "Kaum ein Internettrend, aus dem die Samwers nicht ruck, zuck einen deutschen Firmenklon ableiten", schrieb etwa das Manager Magazin im Februar 2011. Wenn sich ein Startup zum Beispiel auf dem amerikanischen Markt etablieren konnte, versuchen die Samwer-Brüder einen ähnlichen Erfolg in Europa - so oft, dass in einer Übersicht über die Samwer-Geschäfte auf Gruenderszene.de von "Fließbandgründungen" die Rede ist. Die Samwer-Brüder hinterließen dabei "nicht selten düpierte Geschäftspartner und lädierte Unternehmen", heißt es im Manager Magazin weiter.

Für TechCrunch könnte die Veröffentlichung der E-Mail eine besondere Genugtuung sein: Im Oktober war ein Autor des amerikanischen Magazins bei einem Interview-Termin mit Oliver Samwer mit einem fünfminütigen Gespräch abgespeist worden.

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