Umfrage zur Schattenwirtschaft:Wunschberuf Schwarzarbeiter

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Arbeiten am Fiskus vorbei? Das ist für ein Viertel der Bevölkerung eine Option, zeigt eine neue Studie. Schwarzarbeit genießt in Deutschland mehr Akzeptanz als Steuerhinterziehung und Schwarzfahren - trotzdem ist der Trend zu illegalen Arbeitsstunden rückläufig.

Thomas Öchsner, Berlin

Etwa jeder Zehnte zwischen 18 und 74 Jahren arbeitet in Deutschland schwarz. Die Anzahl der Arbeitsstunden, für die am Finanzamt vorbei Geld kassiert wird, ist aber rückläufig. Das geht aus einer neuen Studie des Wirtschaftsweisen und Freiburger Universitätsprofessors Lars Feld und der Forschungsgesellschaft der Rockwool-Stiftung hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Danach ist der durchschnittliche Zeitaufwand für Schwarzarbeit von 2001 bis 2008 von acht auf fünf Stunden pro Woche gefallen. Aktuellere Zahlen werden in der Untersuchung, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wird, nicht angegeben.

Die Studie zeigt: Der Anteil der Schwarzarbeit an der regulären Wirtschaft nimmt ab. 2008 machte illegal geleistete Arbeit 2,3 Prozent aller Arbeitsstunden aus. Das entspricht etwa einer Million Vollzeitarbeitsplätzen. Im Jahr 2001 waren es noch 4,1 Prozent - oder 1,6 Millionen Stellen.

Die Autoren der Untersuchung führen für die Entwicklung mehrere Gründe an: Die Steuern auf Arbeitseinkünfte sind gerade für Geringverdiener tendenziell gesunken. Minijobs sind attraktiver geworden. Außerdem gebe es "verstärkte Kontrollen und mehrere Kampagnen gegen Schwarzarbeit" sowie "bessere Beschäftigungsmöglichkeiten in der regulären Wirtschaft". Andererseits habe die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent vermutlich die Schwarzarbeit gefördert. Im Baugewerbe werden beispielsweise nach wie vor besonders viele Arbeitsstunden nicht dem Finanzamt gemeldet: "Jede sechste Arbeitsstunde im Bausektor ist schwarz", heißt es in der Studie.

Aus den repräsentativen Befragungen ergibt sich, dass bei Männern Schwarzarbeit häufiger ist: 13 Prozent erklärten, innerhalb der letzten zwölf Monate so gegen die Gesetze verstoßen zu haben. Bei Frauen waren es nur sieben Prozent. Der Wunsch schwarzzuarbeiten scheint weiter verbreitet zu sein: 15 Prozent gaben an, dies zu wollen, ohne es getan zu haben. "Das Potenzial für Schwarzarbeit beträgt also etwa ein Viertel der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter", stellen die Autoren fest. Die Idee, illegal etwas dazuzuverdienen, hegen vor allem Facharbeiter, Selbständige und Arbeitslose. "Bei diesen Gruppen sind mehr Schwarzarbeiter zu finden als im Durchschnitt", schreiben die Forscher.

Schwarzarbeit wird eher akzeptiert als Steuerhinterziehung

An der Bezahlung hat sich nicht viel geändert. 2001 gab es einen Durchschnittslohn von zehn Euro pro Stunde. 2008 waren es elf Euro. Berücksichtigt man die Inflation, sind die Löhne für Schwarzarbeit so gut wie nicht gestiegen. Nicht immer gibt es dabei außerdem Geld bar auf die Hand: Häufig erfolge die Bezahlung per Gegenleistung. "Beispielsweise repariert ein Mechaniker das Auto eines Maurers, der im Gegenzug die Garage des Mechanikers verputzt", heißt es in der Studie. Nur 23 Prozent aller Leistungen wurden demnach vollständig bar bezahlt.

Der Untersuchung zufolge arbeiten Männer in Ostdeutschland häufiger schwarz. Für jeden Fünften gehört dies dort zum Alltag, im Westen nur für jeden Zehnten. Das müsse aber nicht heißen, dass die Bürger in den neuen Bundesländern eher bereit sind, dies zu tun. Es könne auch andere Gründe haben, meinen die Autoren, wie etwa das höhere Ausbildungsniveau in den alten Bundesländern. Ein weiteres Ergebnis der Studie: Schwarzarbeit wird eher akzeptiert als Steuerhinterziehung. In der Untersuchung steht: "Schwarzarbeit genießt in der Bevölkerung mehr Akzeptanz als Schwarzfahren in Bus oder Bahn."

© SZ vom 06.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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