Überprüfung:Aldi-Stiftung hat Steuerprobleme

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Die Familienstiftung des Aldi-Süd-Gründers Karl Albrecht ist offenbar ins Visier des Finanzamtes geraten. Steuerprüfer gehen dem Verdacht nach, dass das Vermögen um bis zu 3,5 Milliarden Euro zu gering ausgewiesen worden sein könnte.

K.-H Büschemann, B. Finke und G. Eisenkolb

Die Siepmann-Familienstiftung mit Sitz in Eichenau muss möglicherweise eine Milliarde Euro Erbersatzsteuer bezahlen. Rainer Schindlbeck, der Leiter des Finanzamtes Fürstenfeldbruck, wollte den von dem Nachrichtenmagazin Focus gemeldeten Vorfall weder bestätigen noch bestreiten.

Zu Steuerforderungen in Einzelfällen dürfe er keine Auskunft geben. Das zuständige Finanzamt kündigte jedoch vage für die nächste Zeit Informationen zu dieser Angelegenheit an.

Auch die Regierung von Oberbayern, die als Aufsichtsbehörde vor 32 Jahren die Stiftung anerkannt hatte, lehnte detaillierte Auskünfte ab. Von der Siepmann-Stiftung in Eichenau war gestern keine Stellungnahme zu erhalten.

Reichster Deutscher

Hinter der 1973 gegründeten Stiftung steht Karl Albrecht, der reichste Deutsche, der ein geschätztes Vermögen von 15,5 Milliarden Euro besitzt. Der 85-jährige Unternehmer gehört mit seinem Bruder Theo, der auf ein Vermögen von 15,1 Milliarden Euro geschätzt wird, zu den Gründern des Aldi-Handelsimperiums.

Theo steht für die Aldi-Nord-Gruppe, Karl hält Aldi-Süd mit die 1600 Filialen. Beide Gruppen bilden gemeinsam mit einem Umsatz von gut 20 Milliarden Euro im Jahr 2004 die drittgrößte deutsche Einzelhandelsgruppe hinter Edeka und Rewe.

Karl hatte die Stiftung im Jahr 1973 gegeründet, die nach dem Mädchennamen seiner Mutter benannt ist. Nutznießer sind neben ihm und seiner Frau Maria die gemeinsamen Kinder und deren Nachkommen. Bruder Theo hatte für die Nord-Gruppe gleichzeitig die Markus-Stiftung gegründet.

Familienstiftungen

Beide sind Familienstiftungen. Diese Organisation kann sinnvoll sein, wenn es darum geht, größere Familienvermögen auf Dauer anzulegen und die Firmen nach dem Tod der Gründer zusammenzuhalten sowie Erbstreitigkeiten und feindliche Übernahmen zu verhindern.

Doch während gemeinnützige Stiftungen von Steuervergünstigungen profitieren, sind Familienstiftungen steuerpflichtig. Alle 30 Jahre wird ein Erbfall fingiert und eine so genannte Erbersatzsteuer erhoben, die nach Auskunft von Experten bis zu 46 Prozent des Vermögens ausmachen kann.

Sollten die Kinder von Karl und Maria Albrecht keinen Nachwuchs haben, fiele nach dem Magazin-Bericht das Milliarden-Vermögen der Siepmann-Stiftung je zur Hälfte an die Oertel- und die Elisen-Stiftung, die medizinische und kulturelle Projekte fördern.

Die Elisen-Stiftung hat in den Jahren 1997 und 2000 zweimal das Stadtmuseum Fürstenfeldbruck mit kleineren Beträgen für eine Barock-Ausstellung und eine Ausstellung über Kaiser Ludwig den Bayern bedacht. Es handelte sich um Zuwendungen von 4000 und 6000 Mark.

Museumsleiterin Angelika Mundorff sagte, im Vergleich zu dem Vermögen, das die Stiftung verwalte, seien das kleinere Beträge.

Der Steuerstreit um die Stiftung trifft Aldi-Süd in einer schwierigen Zeit. Die beiden Aldi-Konzerne spüren nach jahrzehntelangem Wachstum starken Gegenwind.

Große Konkurrenz

Der Umsatz der Handelsriesen ist nach Branchenschätzungen im ersten Halbjahr 2005 gesunken. "Die Konkurrenz unter den Discountern ist groß", sagt Susanne Eichholz-Klein, Projektleiterin im Bereich Handel bei der Unternehmensberatung BBE in Köln.

Der Herausforderer Lidl habe viele neue Standorte eröffnet. Außerdem sei Lidl beim Service vorangeprescht, habe früher als Aldi das Bezahlen mit EC-Karte gestattet. Wer lange beim Platzhirschen Aldi zugegriffen habe, sehne sich irgendwann nach einer anderen Wurstsorte und gebe neuen Billigläden eine Chance.

Die Marktforscherin schätzt zwar, dass Aldi wie die gesamte Discountbranche weiter zulegen werde. "Aber Grenzen des Wachstum sind sichtbar", sagt Eichholz-Klein.

Dichtes Filialnetz

Um die 90 Prozent der Deutschen könnten inzwischen einen Aldi-Markt mit dem Auto in 15 Minuten erreichen - auf höhere Steigerungsraten durch neue Standorte brauchen die verschwiegenen Brüder also nicht zu hoffen.

Auch das Geschäft mit Aktionsartikeln wie Computern und Töpfen habe an Schwung verloren. "Die Kunden haben gemerkt, dass ein billiger Wok von Aldi sehr teuer ist, wenn er nach dem Kauf kaum benutzt wird", sagt Eichholz-Klein.

Die Angebote lockten die Verbraucher nicht mehr in Scharen an. Dazu passe, dass Aldi in Mannheim einen Laden eröffnet hat, in dem die Schnäppchen verramscht werden, auf denen die Märkte sitzen geblieben sind. Aber die Marke Aldi sei immer noch in Ordnung.

© SZ vom 25.10.05 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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