Übernahme-Poker:Die Pläne der Opel-Möchtegern-Mütter

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Wer plant was? Wer hat die besten Chancen? Das Wichtigste über die Opel-Bieter Magna, Ripplewood und BAIC - ein Überblick.

C. Hulverscheidt u. H. Schwarz

Wer plant was? Wer hat die besten Chancen? Das Wichtigste über die Opel-Bieter Magna, Ripplewood und BAIC - ein Überblick.

Sie sind die Köpfe hinter den möglichen Investoren: Frank Stronach (v.l.), Leonard Fischer und Xu Heyi. (Foto: Foto: SZ-Graphik)

Der Bieter

Der österreichisch-kanadische Konzern Magna ist einer der weltweit führenden Autozulieferer. Für den Einstieg bei Opel hat das von Frank Stronach gegründete Unternehmen ein Konsortium gebildet, dem als Finanziers die staatliche russische Sberbank und der dortige Autobauer Gaz angehören. Das Projekt wird befürwortet von der Politik in Moskau mit Präsident Wladimir Putin an der Spitze. Magna will mit Opel auf die Eroberung des Automarkts Russland setzen und dort auch moderne Produktionsstätten aufbauen.

Die belgische Beteiligungsfirma RHJ gehört zum US-Finanzinvestor Ripplewood. Das Unternehmen sagt, die Verhandlungen mit GM über Opel seien "in einem fortgeschrittenen Stadium". Die vom früheren Dresdner-Bank-Vorstand Leonhard Fischer geführte Gesellschaft ist bereits bei Kfz-Zulieferern wie Asahi Tec, Honsel und Niles engagiert. Verhandlungsführer von RHJ ist Gerd Häusler, ein weiterer Ex-Bankier. Finanzinvestoren kaufen angeschlagene Firmen, restrukturieren sie und verkaufen sie wieder.

Der staatliche chinesische Autobauer BAIC ist mit einer Produktion von jährlich nur 12 000 Fahrzeugen ein sehr kleiner Autobauer. Erfahrungen auf dem globalen Automobilmarkt haben die Chinesen kaum. Ihre hergestellten Fahrzeuge fielen bei europäischen Crash-Tests regelmäßig durch. Allerdings ist BAIC auf einem Markt beheimatet, der künftig am stärksten wachsen dürfte und auch in der momentanen Krise kräftig expandiert. In das Rennen um Opel ist BAIC erst sehr spät eingestiegen.

Das Konzept

Magna will etwa 20 Prozent der Opel-Anteile. 35 Prozent sollen bei der Sberbank landen. Ebenfalls 35 Prozent sind für GM reserviert. Zehn Prozent könnten die Opel-Mitarbeiter als Gegenleistung für Entgeltverzichte erhalten. Das Magna-Konsortium will 4,5 Milliarden Euro als Staatshilfe. 500 bis 700 Millionen Euro sollen in Opel investiert werden. Nur zu einem kleinen Teil käme das Geld aus Eigenmitteln von Magna. Geplant ist der Abbau von 10 000 Stellen bei Opel, davon 2600 in Deutschland.

RHJ/Ripplewood strebt eine Beteiligung von gut 50 Prozent an Opel an. Zur Verfügung stehen Mittel von 300 Millionen Euro. GM bliebe alleiniger Miteigentümer von Opel. Nachdem ursprünglich eine Staatshilfe von 4,5 Milliarden Euro verlangt wurde, will RHJ nun mit nur noch 3,8 Milliarden Euro auskommen. Nach diesem Konzept würden bei Opel in Europa knapp 10 000 Arbeitsplätze wegfallen. RHJ wollte zunächst die Werke Bochum und Eisenach aufgeben, inzwischen sollen alle deutschen Standorte erhalten bleiben.

BAIC will 660 Millionen Euro für 51 Prozent an Opel zahlen. 49 Prozent sollen bei GM bleiben. Die Chinesen fordern eine Staatsgarantie über 2,64 Milliarden Euro. Sie wollen bei Opel europaweit 7584 Arbeitsplätze, davon 3018 in Deutschland, streichen. BAIC will in China ein Opel-Werk für zwei Milliarden Euro bauen. Bis es fertig ist, sollen Autos der deutschen Marke nach Fernost exportiert werden. Das Werk Eisenach will BAIC 2010 und 2011 einmotten. 2012 soll es wieder in Betrieb gehen.

Die Bewertung der Pläne

Das Magna-Konzept kalkuliert mit den höchsten Staatshilfen. Magna will die Hilfe aber nur "so kurz und so wenig wie möglich" in Anspruch nehmen. Das Konsortium will die vier Werke in Rüsselsheim, Kaiserslautern, Bochum und Eisenach erhalten. Unklar sind Schließungen im Ausland. Das Konzept setzt voll auf Expansion auf dem russischen Automarkt. Experten streiten darüber, ob diese Hoffnung in Erfüllung gehen kann. Noch ist Magna der Favorit.

RHJ sagt, man sei von den Produkten von Opel überzeugt. Die Investoren betonten, sie seien nicht der Statthalter für GM. Das Geschäftsmodell ist klar: Auf den Einstieg bei Opel würde in einigen Jahren der Ausstieg folgen. Keiner kann heute ausschließen, dass der RHJ-Anteil dann doch bei GM landen könnte. Opel wäre dann wieder bei GM. Alternativ wäre ein Börsengang von Opel denkbar. RHJ und Ripplewood sind inzwischen ein ernster Konkurrent.

Die Staatsgarantien ist bei dieser Offerte am geringsten. Auch der geplante Jobabbau ist kleiner als bei den Konkurrenten. Das Angebot zielt ab auf den Abfluss von Technologie. Befürchtet wird, dass damit wichtige Technologie nach China abwandern würde. Auf dem wachsenden chinesischen Markt würde für GM zudem ein Wettbewerber entstehen, was nicht im Interesse des US-Konzerns liegt. Dass das Werk Eisenach nach der Zwangspause neu starten würde, bezweifeln Experten. Was langfristig aus allen deutschen Opel-Fabriken würde, ist unklar. BAIC ist höchstens Außenseiter.

Was die Bundesregierung und die betroffenen Länder dazu sagen

Weil Magna versprochen hat, Opel endgültig aus dem GM-Konzern herauszulösen, hat das Unternehmen gute Karten bei den Gewerkschaften - und damit der bei SPD. Auch die betroffenen Bundesländer befürworten das Gebot des Kfz-Zulieferers. Widerstand kommt dagegen von Bundeswirtschaftsminister Karl Theodor zu Guttenberg, den das Geschäftsmodell von Firmenchef Frank Stronach nicht überzeugt. Sollten sich GM und Magna einigen, wird sich Guttenberg einem Vertragsabschluss nicht in den Weg stellen.

Nach der Verhandlungsnacht Ende Mai im Kanzleramt hieß es bei Union wie SPD hinter vorgehaltener Hand, Ripplewood und RHJ haben sich von allen Bietern am überzeugendsten präsentiert. Zum Zuge kamen die Amerikaner dennoch nicht, da sie als reine Finanzinvestoren keine ausreichende industrielle Perspektive für Opel boten. Das Land Nordrhein-Westfalen wehrte sich zudem gegen die Schließung des Werks Bochum. Seit RHJ sein Gebot nachgebessert hat, schwinden die Vorbehalte.

Die Chinesen sind derzeit für Bund und Länder nicht mehr als ein Zählkandidat, mit dessen Hilfe der Druck auf die anderen Bieter aufrecht erhalten werden kann. Zwar hat BAIC seine zunächst sehr nebulösen Vorstellungen mittlerweile konkretisiert, überzeugen konnte der Konzern die Politiker aber nicht. Sie fürchten, dass es den Asiaten in erster Linie darum geht, technisches Knowhow aus Deutschland und den USA abzusaugen. Deshalb kommt BAIC auch für GM wohl nicht als Partner in Betracht.

© SZ vom 16.07.2009/kfa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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