Übernahme angestrebt:Deutsche Börse will New Yorker Konkurrenz schlucken

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Gemeinsame Sache mit den Amerikanern: Die Deutsche Börse wird wahrscheinlich den New Yorker Konkurrenten Nyse Euronext übernehmen - es entstünde der weltgrößte Börsenbetreiber.

M. Zydra u. M. Hesse

Die Deutsche Börse wird sehr wahrscheinlich den New Yorker Konkurrenten Nyse Euronext übernehmen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung soll der Deal bald realisiert werden, verkündungsreif sei der Zusammenschluss jetzt jedoch noch nicht. Ziel sei es, zusammen mit den Amerikanern die weltweit größte Börse zu bilden. Der jetzige Vorstandschef der Deutschen Börse, Reto Francioni, soll den Plänen zufolge Aufsichtsratschef des dann fusionierten Unternehmens werden. Nach dem amerikanischen Führungsmodell wäre er damit für die Strategie des neuen Unternehmens zuständig. Die Deutsche Börse kommentierte diese Informationen nicht.

In Finanzkreisen heißt es, die Deutsche Börse werde in dem fusionierten Konzern eine dominierende Rolle einnehmen. "Das wird sich in den Anteilen und der Führungsstruktur widerspiegeln", sagte eine mit der Situation vertraute Person. Heutige Aktionäre des Frankfurter Unternehmens würden mehr als die Hälfte der Anteile halten.

Neben dem Executive Chairman Francioni soll die Deutsche Börse auch den Finanzvorstand stellen. Die Börse bekommt dann einen doppelten Stammsitz in New York und Frankfurt. Aus Amerika würde das Kassageschäft geleitet, also vor allem der Handel mit Aktien. Frankfurt steuerte das Derivategeschäft, den Handel mit Finanzprodukten wie Futures und Optionen, deren Wert sich etwa von Aktien, Währungen oder Rohstoffen ableitet. Rechtlicher Sitz des neuen Börsenkonzerns werde Amsterdam sein, die dortige Börse gehört zur Euronext. Der neue Konzern wäre weltweit die klare Nummer eins im Kassahandel und im Derivategeschäft.

Beide Aktien - die der Deutschen Börse und die der Nyse Euronext - wurden am Mittwochnachmittag vom Börsenhandel ausgesetzt. Die Aktien der Deutschen Börse hatten vorher um 1,4 Prozent zugelegt. Die in Paris gelisteten Anteilsscheine von Nyse Euronext notierten 2,7 Prozent höher, die in New York lagen 1,9 Prozent im Plus.

Zuvor hatten bereits Gerüchte die Runde gemacht, die Deutsche Börse sei an der spanischen BME interessiert. Als einen Grund für die neuen Spekulationen nannten Händler die Nachricht, dass die London Stock Exchange mit der Börse Toronto über ein Zusammengehen verhandelt. Die Deutsche Börse sei nun verstärkt im Zugzwang.

Die globale Börse

Das internationale Börsengeschäft globalisiert sich. Die Profitmargen werden kleiner, nur die größten Anbieter können langfristig am Markt überleben. Der Kostendruck ist enorm. Auch die Deutsche Börse fährt ein Sparprogramm nach dem anderen, so dass es in der Belegschaft mittlerweile zu großer Unzufriedenheit gekommen ist. Dieses Muster wiederholt sich auch anderswo, die Branche ist schon seit Jahren im Fusionsfieber. Auch die Deutsche Börse hat Erfahrung bei der Anbahnung von Fusionen - auch wenn die Pläne häufig misslangen.

Bereits im Jahr 2000 wollte die Deutsche Börse die London Stock Exchange (LSE) übernehmen, damals scheiterte man am Widerstand der LSE-Aktionäre. Vier Jahre später folgte der zweite Versuch. Es war der Beginn eines kompletten Revirements im Vorstand der Deutschen Börse. Der Hedgefonds und Großaktionär der Deutschen Börse, TCI, sprach sich gegen die Übernahme der LSE aus. TCI argumentierte, eine Übernahme der Londoner Börse sei zu teuer und wertvernichtend für die Aktionäre der Deutschen Börse.

© SZ vom 10.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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