Türkei:Flughafen und Symbol

Lesezeit: 1 min

Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk und Präsident Recep Tayip Erdoğan waren bei der Eröffnung des neuen Istanbuler Airports allgegenwärtig. (Foto: Bulent Kilic/AFP)

Der neue Airport von Istanbul ist zwar noch nicht wirklich fertig, aber er wird trotzdem schon eröffnet. Schließlich geht es um weit mehr als einen neuen Zweckbau.

Von Jens Flottau

Auf dem Vorfeld rollen noch die Bagger und bringen den Schutt weg, im Terminal wird gehämmert - richtig fertig ist der neue Flughafen von Istanbul noch nicht. Aber da es sich bei der Anlage im Norden der Metropole nicht nur um einen Flughafen, sondern auch um ein Symbol der Macht des türkischen Präsidenten Recep Tayip Erdoğan handelt, ließen sich die Verantwortlichen von solchen Kleinigkeiten nicht aufhalten: Am Montag, dem Gründungstag der türkischen Republik, wurde der Airport "Istanbul Flughafen" eröffnet.

Der Flughafen wird mit seiner anfänglichen Kapazität von etwa 90 Millionen Passagieren pro Jahr schon in der ersten Ausbaustufe zu den größten der Welt gehören.

Derzeit ist Atlanta mit rund 104 Millionen Passagieren pro Jahr der größte Airport, es folgen Peking (96 Millionen) und Dubai (88 Millionen). In Europa führt London-Heathrow mit 78 Millionen.

Die neue Anlage an der Küste des Schwarzen Meers hat rechnerisch Platz, alle Passagiere der beiden anderen Flughäfen der Stadt, Atatürk und Sabiha Gökçen, abzufertigen. Tatsächlich aber wird Sabiha Gökçen auf der asiatischen Seite der Stadt erhalten bleiben und sogar ausgebaut. Auf dem Atatürk-Flughafen könnten weiter Frachtflüge starten und landen. Bei Bedarf kann der neue Airport auf etwa 200 Millionen Passagiere und sechs Start- und Landebahnen ausgebaut werden. Pläne ähnlicher Größenordnung gibt es für Peking und Dubai.

Turkish Airlines wird zunächst nur Flüge zu fünf Zielen, davon drei im Inland anbieten. Der Rest des Streckennetzes wird bis voraussichtlich Ende des Jahres weiter von Atatürk und Sabiha Gökçen aus bedient. Bis dahin sollen die Bauarbeiten an der neuen Anlage so weit sein, dass die größte Fluggesellschaft des Landes und mit ihr alle anderen in einer 45-Stunden-Aktion von Atatürk umziehen können.

Der vierjährige Bau des neuen Flughafens war überschattet von schwerwiegenden Vorwürfen, die Sicherheit der Arbeiter sei angesichts des immensen Zeitdrucks, bis zum 29. Oktober fertig zu sein, sträflich vernachlässigt worden. Mehr als 30 Menschen, vermutlich aber deutlich mehr, sind während der Bauphase ums Leben gekommen, unter anderem bei Verkehrsunfällen mit Bussen, welche die Arbeiter zur Baustelle brachten. Zuletzt gab es vor wenigen Wochen wegen der Zustände, der schlechten Arbeitsbedingungen und Bezahlung, schwere Proteste.

© SZ vom 30.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: