Transrapid:Erstaunliche Karriere einer Biertisch-Idee

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Nur in München hat die Magnetschwebebahn hierzulande noch eine Chance - doch die Stadt lehnt die Strecke rigoros ab.

Jan Bielicki und Joachim Käppner

Die Idee hat zunächst am Biertisch die Runde gemacht und durchaus Heiterkeit ausgelöst.

Ein Gegner des Transrapids mit Protestschild auf dem Autodach eines Gogomobils. (Foto: Foto: ddp)

Wie wäre es denn, sinnierte Münchens damaliger Flughafenchef Willi Hermsen bei einem geselligen Abend im September 1999, wenn man den Transrapid zum Airport ins Erdinger Moos schweben ließe, als ganz große Lösung für ein damals schon erkennbares Verkehrsproblem:

Der weit draußen liegende, stark wachsende Airport ist nicht ans Fernbahnnetz angebunden.

Erste Reaktionen der Politik schwankten zwischen "Aprilscherz" und "interessanter Vorschlag", blieben aber überwiegend reserviert.

Mit Tempo350, mehr geht auf der Kurzstrecke nicht, ins nur 40Kilometer entfernte Moos:

Heute gilt die einst belächelte Trasse als letzte Chance für eine in Deutschland entwickelte Hochtechnologie - und polarisiert am Ort des Geschehens Politiker und Bürger.

Erstaunliche Meinungswechsel

Die Entscheidung zwischen dem Transrapid und der von der Stadt bevorzugten Express-S-Bahn ist zur Glaubensfrage entlang der Parteilinien geworden, wobei es zu erstaunlichen Meinungswechseln kam.

Die zeitweise skeptische CSU wurde vom früheren Wirtschaftsminister Otto Wiesheu stramm auf Pro-Magnetbahn-Kurs eingeschworen. Der scheidende Ministerpräsident Edmund Stoiber will sein Werk mit dem Transrapid-Beschluss krönen.

Münchens SPD-Chef Franz Maget, der Ende 2000 noch mit der CSU an einem Bündnis für den Transrapid schmiedete ("Das wäre eine gute Sache für München"), steht nun ebenso wie der einst wohlwollend-neutrale SPD-Oberbürgermeister Christian Ude ("Wenn der Bund Gelder investiert, soll München den Zuschlag erhalten") demonstrativ im Lager der Gegner.

Die Debatte ist von Elementen einer Lokalposse nicht frei. CSU-Politiker lästern gern, Ude sei der einzige Bürgermeister der Welt, der ein Milliardengeschenk für seine Stadt ausschlage. Von den Landtags-Grünen war gar zu hören, der Transrapid gefährde die Bierversorgung in München, ein Gedanke, der sich bei der in diesen Fragen sensiblen Einwohnerschaft aber nicht durchgesetzt hat.

"steigen Sie in den Hauptbahnhof ein"

Dennoch, bei von der Stadt einberufenen Bürgerversammlungen, zu denen vor allem Trassen-Anwohner eingeladen wurden, wird der gerne als "Stoiber-Express" geschmähte Zug einhellig abgelehnt. Eine Klage der Stadt München gegen das vermeintliche Danaergeschenk gilt als sicher.

Dabei geht es eigentlich um ein Projekt des öffentlichen Nahverkehrs. Das Konzept der Transrapid-Befürworter sieht so aus: Da es im Erdinger Moos auf absehbare Zeit keine Fernbahn-Anbindung geben wird - die neuen ICE-Trassen verlaufen über Augsburg und Nürnberg - soll die Fahrtzeit ins Stadtzentrum so verkürzt werden, dass der Hauptbahnhof selbst zur Airport-Station wird.

Oder, wie Edmund Stoiber in einem bekannten Versprecher sagte, "vom Hauptbahnhof steigen Sie in den Hauptbahnhof ein". In zehn Minuten - und alle zehn Minuten - meistert der Transrapid die Strecke. Eine Express-S-Bahn - geschätzte Kosten: zwischen 650 Millionen und einer Milliarde - würde 25 Minuten brauchen.

Ihr Nachteil: Es gibt noch keine konkrete Planung, sie würde frühestens 2018 fahren.

© SZ vom 25.08.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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