Tourismus:Urlaub im Bauernhaus

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Eine Billig-Hotelkette für die Berge. Kann das funktionieren? Zwei Gründer aus dem Allgäu haben mit dieser Idee Erfolg. Explorer Hotels bieten standardisierte Budget-Zimmer zu vergleichsweise niedrigen Preisen.

Von Caspar Busse

Dafür, dass sich Katja Leveringhaus, 48, für diese Branche am Anfang gar nicht interessierte, hat sie es ganz schön weit gebracht. "Ich hatte eigentlich nie das Ziel, in die Hotellerie zu gehen", sagt die Frau aus der Nähe von Stuttgart und lächelt dabei. Zusammen mit Jürnjakob Reisigl, einem Österreicher, der auch in Oberstdorf lebt, hat Leveringhaus eine kleine, innovative Hotelkette aufgebaut: Explorer Hotels bietet ähnlich wie die weitaus größeren Unternehmen Motel One oder Ibis standardisierte Budget-Zimmer in immer gleicher Ausstattung zu vergleichsweise günstigen Preisen an, dabei hat sich das Unternehmen auf Standorte im deutschsprachigen Alpenraum und auf Urlauber konzentriert.

Anfang 2009 haben Leveringhaus und Reisigl Explorer Hotels gegründet, inzwischen gibt es bereits neun Häuser in Deutschland und Österreich, grundsätzlich immer an Orten, wo es sowohl im Winter wie auch im Sommer Geschäft gibt, etwa in der Nähe von Oberstdorf, Neuschwanstein, Berchtesgaden, Kitzbühel, im Zillertal oder im Ötztal. Das Unternehmen will wachsen. "Irgendwann wollen wir 20 Standorte haben, alle in den Bergen", sagt Leveringhaus. Intensiv wird nach geeigneten Plätzen gesucht und mit Gemeinden verhandelt, was nicht immer leicht ist, Deutschland und Österreich, auch die Schweiz oder Südtirol sind vorstellbar. Finanziert wird die Expansion über Banken. Fast alle Häuser werden selbst geplant und errichtet - und gehören dann meist auch dem Unternehmen. Bei vielen Hotelketten sind Immobilienbesitz und Hotelbetrieb schon lange getrennt.

Die Einrichtung ist einfach, funktional, kein Lifestyle - Drei-Sterne-Niveau

Leveringhaus studierte Tourismus an der Fachhochschule in Kempten, sie arbeitete erst in einem Reisebüro und bei einer Fluggesellschaft, machte schließlich ein Praktikum im Hotel Mohren in Oberstdorf. Reisigl, heute 58 und gelernter Koch und Hotelier, hatte 1993 das seit Jahren leer stehende alte Grandhotel am Marktplatz von Oberstdorf wiederaufgebaut. Leveringhaus arbeitete dort dann im Marketing, die beiden, die sich bis heute siezen, wurden bald Geschäftspartner - und bauten eine kleine Tourismuskette auf. Sie kauften unter anderem eine Berghütte, organisierten eine private Zimmervermittlung in Oberstdorf und erwarben weitere Hotels. Die Geschäfte gingen gut. "Wir sind schon lange im alpinen Tourismus aktiv und sind sehr erfahren", sagt Leveringhaus heute.

Vorne die zentralen Funktionen, hinten, wo beim Bauern die Kühe sind, dann die Gästezimmer: Die Explorer Hotels sehen alle gleich aus, die jeweils 100 Zimmer sind standardisiert (Foto: oh)

Die Beiden - sie sind beide Geschäftsführer und Inhaber - hatten vor zehn Jahren die Idee für ein neues Projekt. "Wir haben den ersten Grundriss eines Hauses bei Excel gemacht", erinnert sich Leveringhaus. Der erste Standort war in Fischen in der Nähe von Oberstdorf, Eröffnung im Dezember 2010. Die Hotels sehen immer gleich aus, außen mit Holz verkleidet. "Ein Explorer-Hotel soll an ein Bauernhaus erinnern", sagt Leveringhaus: "Vorne das Haupthaus mit den zentralen Funktionen. Und wo beim Bauern die Kühe schlafen, sind bei uns die Gäste." Die Hotels mit jeweils etwa hundert Zimmern sind das ganze Jahr geöffnet. Es gibt zwar Frühstück und kleines Snacks, aber die Häuser haben grundsätzlich kein Restaurant, was die Gemeinden und Gastwirte in der Umgebung freut, gehen die Gäste doch dann zum Essen und geben dort Geld aus. Die Einrichtung ist funktional, einfach, kein Lifestyle - Drei-Sterne-Niveau.

"Das Reiseverhalten hat sich geändert, wir haben nach einem passenden Produkt für sportlich aktive Gäste gesucht und junge und junggebliebene Gäste im Visier", meint die Gründerin. Was die Gäste, deren Durchschnittsalter bei etwa 41 Jahren liegt, verbinde, sei, "dass sie Urlaub nicht im Hotel machen wollen, sondern rausgehen". Und dass sie wohl auch die oft spießigen Einheitspensionen und konventionellen Hotels in den Bergen nicht mögen, sondern aus der Stadt Modernes gewöhnt sind. Den Tag über seien die Hotels ohnehin leer. Explorer Hotels sind auch nicht in 1a-Lagen zu finden, also mitten in den Orten, sondern immer außerhalb. "Wir müssen auch nicht in zentraler Lage am Marktplatz sein, unsere Gäste gehen sowieso raus", meint Leveringhaus.

Jürnjakob Reisigl und Katja Leveringhaus haben die Hotelkette vor zehn Jahren gegründet. (Foto: OH)

Kann das Konzept funktionieren angesichts des starken Wettbewerbs im Hotelbereich? Leveringhaus sagt, die Häuser seien etwa vom dritten Geschäftsjahr an profitabel. Die Kosten seien so kalkuliert, dass die Hotels sich auch bei einer relativ geringer Auslastung, die im Durchschnitt bei 50 bis 70 Prozent übers Jahr liegt, schon rechneten. Die Zimmerpreise starten bei etwa 40 Euro pro Person und gehen in der Hauptsaison rauf auf 120 Euro pro Person. Der durchschnittliche Preis liegt laut Leveringhaus bei etwa 60 Euro netto. Jedes Haus mache bis zu 2,5 Millionen Euro Jahresumsatz, je nach Standort und Eröffnungsjahr. Beschäftigt werden in der gesamten Gruppe rund 350 Mitarbeiter. Eine Besonderheit ist auch, dass die Explorer-Hotels auf ökologische Standards setzen. Sie bezeichnen sich als "erste Passivhaus-Hotels Europas" und sind nach eigenen Angaben klimaneutral. Damit sollen die Herbergen attraktiv für umweltbewusste Gäste werden, das sei mehr und mehr Menschen wichtig.

Ein weitere Vorteil sei, dass mehr als 90 Prozent der Buchungen online erfolgen. Explorer Hotels will dabei immer die besten Preise und Zusatzangebote anbieten, so dass die Gäste nicht über Buchungsplattformen wie Booking gehen. Denn dort werden in der Regel hohe Provisionen fällig. Es gebe, so Leveringhaus, Anfragen inzwischen für das Konzept aus ganz Deutschland, doch die Idee soll nicht verwässert werden. Leveringhaus will die gefundene Nische nicht verlassen, zu riskant. Die Explorer Hotels wollen den Bergen treu bleiben.

© SZ vom 14.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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