Zehntausend Arbeiter schufteten in der gleißenden Sonne. Jahr für Jahr, bis die Pyramide des ägyptischen Pharaos Cheops errichtet war. Zehntausend Arbeiter, das bedeutet, zehntausend Menschen müssen schlafen, essen - und auf die Toilette. Wie Letzteres vonstattenging, wissen Archäologen bisher nicht. Um ein Mindestmaß an Hygiene zu bewahren, muss es aber eine Lösung gegeben haben, ist sich Roxane Bicker, Museumspädagogin beim Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst in München, sicher: "Vielleicht sind alle in die Wüste raus und haben ihre Hinterlassenschaften vergraben, oder es standen Eimer dafür auf der Baustelle."
Heute ist man nicht auf eine Wüste angewiesen. Mobile Toiletten sind der Standard. Bei Baubeginn geliefert, zwischendurch regelmäßig gereinigt, und am Schluss wieder abgeholt. Tatsächlich gibt es sie noch keine sechzig Jahre. Dabei spielen sie eine wichtige Rolle. Denn landet die Notdurft einfach in der Landschaft, riecht es nicht nur unangenehm, es steigt auch die Gefahr von Krankheiten. Die heutigen mobilen Toiletten, gefüllt mit Desinfektionsmitteln, reduzieren diese erheblich.
Noch in den Siebzigerjahren sah es auf Baustellen in Deutschland anders aus. Da kam es durchaus vor, dass die Bauarbeiter ein kleines Loch aushoben. Darüber kam eine kleine Hütte aus Wellblech mit Sitzgelegenheit, aber ohne Boden. Waren die Bauarbeiten abgeschlossen, schaufelten die Arbeiter das Loch einfach zu.
Und das war schon ein Fortschritt. In der Antike waren Arbeiter in Rom in erster Linie auf öffentliche Toiletten und Nachttöpfe angewiesen. Oder sie nutzten die Amphoren, die Tuchwalker, Gerber und Färber aufstellten, um Urin zu sammeln. "Eventuell wurden im Zuge einer Rationalisierung der Arbeit auch mobile Toiletten wie Amphoren und Nachttöpfe in der Nähe von Baustellen errichtet", vermutet Astrid Fendt, Konservatorin an den Staatlichen Antikensammlungen und der Glyptothek in München.
Erst waren die Gehäuse aus Holz, dann aus Glasfaser. Beide Werkstoffe haben einen Nachteil
Auf den Untergang des Römischen Reichs folgten Jahrhunderte, in denen Hygiene nicht zu den großen kulturellen Errungenschaften gehörte. "Erst König Friedrich Wilhelm III. von Preußen führte den gesetzlichen Schutz von Arbeitern und damit auch von Hygiene und Gesundheit am Arbeitsplatz ein", weiß Henry Krauter, Vorsitzender des Arbeitskreises Leistungsbild Baustellenverordnung bei der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau in München. Der Grund war allerdings weniger das Wohlergehen der Menschen. Kinderarbeit verschlechterte den Gesundheitszustand der jungen Menschen - und damit der Rekruten für das Militär.
Mobile Baustellentoiletten, wie wir sie heute kennen, sind eine Erfindung aus den USA. Im Jahr 1958 gründete Al Hilde das Unternehmen Satellite Industries. Er baute die ersten 36 Toiletten, damals noch aus Holz. Zudem entwickelte er ein eigenes Servicefahrzeug. Dieses musste nicht nur die Toiletten transportieren. Es erhielt auch eine Vakuumpumpe und einen Abwassertank, um die Aborte zu reinigen. Dann erfand Al Hilde noch ein desodorierendes Mittel, und los ging's. Das Grundprinzip ist bis heute gleich geblieben. Allerdings vermietet der Hersteller Satellite Industries die Toiletten nicht mehr, um nicht in Konkurrenz zu Kunden zu geraten, die diese Produkte kaufen und selbst vermieten.
Auch das desodorierende Mittel hat sich im Laufe der Jahre verändert. "Seit Jahrzehnten kommen keine potenziell gefährlichen Produkte wie Formaldehyd mehr zum Einsatz", sagt Georges Köller, Geschäftsführer für die Regionen Europa, Mittlerer Osten und Afrika bei Satellite Industries in Brüssel.
Im Lauf der Jahre ersetzten Glasfaser- die Holz-Boxen. Noch heute kommen Toiletten aus diesem Material in Entwicklungsländern zum Einsatz. Beide Werkstoffe haben allerdings einen großen Nachteil: Sie nehmen die Gerüche der Hinterlassenschaften auf.
Angenehmer wurde es für die Benutzer erst 1972. Damals fertigte das Unternehmen nach ein paar Jahren Entwicklungszeit erstmals eine mobile Toilette aus Polyethylen. "Die technischen Herausforderungen waren und sind heute immer noch die Farbbeständigkeit", weiß Köller.
Hinzu kommen exakte Maße sowie Flexibilität. Denn durch den oft ruppigen Umgang beim Verladen oder Abladen dürfen die Toiletten nicht brechen. "Die Vermieter stoßen die Kabinen oft vom Lkw runter, um sie schnell aufzustellen", erklärt Köller. Wie viele mobile Toiletten Satellite Industries mittlerweile produziert hat, ist Firmengeheimnis. Nur, dass es mehrere Millionen sind, das ist offiziell.
Nach Europa holte der Amerikaner Fred Edwards die beweglichen Aborte. 1973 gründete er sein Unternehmen in Velbert und führte die Marke ein, unter der die Produkte hierzulande bekannt sind: Dixi. Einer der großen Kunden ist das Militär bei Manövern, die blauen Boxen stehen aber auch bei Großveranstaltungen wie Open-Air-Konzerten und Papst-Besuchen. Durch den zusätzlichen Bedarf in Unterkünften für Flüchtlinge kam es vergangenes Jahr sogar zu Engpässen, erinnert sich Sandra Giern, Fachreferentin Logistik, Sonderabfall und Abfallbehandlung beim Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft in Berlin: "Mit rund 80 Prozent haben aber Baustellen nach wie vor den größten Anteil am Bedarf."
Einige Unternehmen wie die Schweizer Kompotoi haben das Konzept weiterentwickelt und setzen auf umweltfreundliche Verfahren. Statt die Überreste aufzusaugen und in einer Kläranlage zu entsorgen, kompostieren sie das Material. Nutzer streuen einfach Holzspäne durch die Sitzbrille, wenn sie fertig sind. "Auf Baustellen hat sich dieses System bislang nicht durchgesetzt", sagt Giern.
Andere Neuerungen schon. Seit 20 bis 30 Jahren sei ein zusätzliches Urinal Standard, sagt Ingenieur Krauter: "Das ist die Minimalausstattung." Hinzu kommen bei Bedarf Zubehör wie Waschbecken und Heizungen. Auch wenn Bauarbeiter angesichts der hohen Temperaturen auf den Toiletten im Sommer eine Kühlung vielleicht sinnvoller fänden.