Tipps für Verbraucher:Die größten Lebensmittellügen

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Der Kunde ist König? Lächerlich. Er ist der Depp! Viele Unternehmen haben grandiose Strategien entwickelt, um die Verbraucher zu täuschen. Beispiele? Die wundersame Wandlung der Cranberry etwa, die zur Not auch mal nach Erdbeere schmeckt. Oder Kirsche. Oder die Mär von regionalen Lebensmitteln.

Nicolas Peerenboom

Frust nach dem Einkauf: Lebensmittelhersteller versprechen oft viel, halten aber wenig. Oder Verbraucher kaufen Produkte, die sie überhaupt nicht benötigen. Beispiele im Überblick - in Kooperation mit dem NDR.

Tipps für Verbraucher, Die größten Lebensmittellügen (Trailer zur Sendung im NDR, Montag 19.3., 21 Uhr) (Video: NDR)

Vitaminpräparate - hilft viel wirklich viel?

Mehr als 25 Millionen Deutsche schlucken regelmäßig Vitaminpräparate und Mineralzusatzstoffe. Sei es, um vermeintliche Defizite in der eigenen Ernährung auszugleichen oder weil sie denken, dass die industrielle Landwirtschaft immer vitaminärmeres Obst und Gemüse erzeugt.

Doch dass man sich heutzutage keinen Gefallen tut, wenn man ständig vitaminhaltige Zusatzstoffe schluckt, wissen die Wenigsten.

Tatsache ist: Die Deutschen sind nicht unterversorgt mit Vitaminen, sondern überversorgt. Wer sich normal und ausgewogen ernährt, bekommt alle Vitamine und Mineralstoffe, die der Körper braucht. Dass zu viel des Guten sogar krank machen kann, belegen inzwischen viele Studien.

So zeigte eine US-Langzeituntersuchung, dass bei älteren Frauen, die über einen längeren Zeitraum regelmäßig Eisen, Magnesium oder Multivitamintabletten zu sich nahmen, die Sterberate anstieg. Eine zweite Studie ergab: Bei Männern, die regelmäßig zu viel Vitamin E schluckten, kam Prostatakrebs um 17 Prozent häufiger vor als bei denen, die das nicht taten.

Armin Valet, Ernährungsexperte von der Verbraucherzentrale Hamburg, sieht auch bei anderen Vitaminen und Mineralstoffen die Gefahr der Überversorgung: "Wir wissen zum Beispiel, dass das Risiko zur Nierensteinbildung steigt, wenn Vitamin C über einen längeren Zeitraum hoch dosiert genommen wird."

Gerade solche Vitamine, die von der Industrie stark beworben würden, nämlich Vitamin C oder Vitamin E, seien in der normalen Ernährung völlig ausreichend vorhanden, sagt der Ernährungsexperte. Und selbst dann, wenn man sich über längere Zeit einseitig ernähren sollte, sei das nicht schlimm. Dann greift der Körper nämlich auf die vorhandenen eigenen Vitamin-Reserven zurück.

Hinweis: Die Sendung Die größten Lebensmittellügen ist am Montag, 19. März um 21 Uhr im NDR-Fernsehen zu sehen - direkt im Anschluss an das Verbrauchermagazin Markt.

Wie aus Cranberrys Kirschen werden

Für die Lebensmittelindustrie sind Cranberrys ein idealer, weil preiswerter industrieller "Frucht-Joker", den sie beliebig färben und mit den Aromen unterschiedlichster Früchte ausstatten kann. (Foto: NDR)

Mal schmeckt sie wie eine Erdbeere, dann wieder wie eine Orange oder Himbeere - und besonders oft wird sie uns als Kirsche untergejubelt. Die Verwandlungskünstlerin, von der hier die Rede ist, ist die Cranberry, auf Deutsch Kranbeere oder Moosbeere:

Eine Beerenart, die zur Familie der Heidekrautgewächse gehört. Pur schmecken Cranberrys bitter bis sauer; sind also nichts für Genießer und Freunde des Fruchtzuckers.

Dennoch landen sie häufig getrocknet in Lebensmitteln, wie zum Beispiel in Müslis oder in Fruchtriegeln. Für die Lebensmittelindustrie sind Cranberrys ein idealer, weil preiswerter industrieller "Frucht-Joker", den sie beliebig färben und mit den Aromen unterschiedlichster Früchte ausstatten kann.

"Umfruchten" nennt man das schönfärberisch in der Fachsprache, wenn teurere Früchte wie Erdbeeren, Kirschen oder Himbeeren durch billige Cranberrys ersetzt werden.

Zwar werben die Verpackungen weiterhin mit Abbildungen von dicken Kirschen oder Erdbeeren, in der Zutatenliste stehen dann aber die Cranberrys an vorderster Stelle, kommen also am meisten vor. "Woher soll der Normalverbraucher wissen, dass wir aus Cranberrys Kirschen machen - das ist doch der Hammer, oder?" meint denn auch Fernsehkoch Rainer Sass, als Reporter vom NDR-Fernsehen ihm von dieser Masche der Lebensmittelindustrie erzählen.

Tipps:

[] Alle verpackten Lebensmittel müssen mit einer Zutatenliste versehen sein. Das hat der Gesetzgeber vorgeschrieben.

[] Wer auf den "Cranberry-Trick" der Lebensmittelproduzenten nicht hereinfallen will, muss sich genauestens die Zutatenliste anschauen. Sie befindet sich meistens auf der Rückseite des Produkts. Die Zutaten werden in der Reihenfolge ihres mengenmäßigen Vorkommens aufgelistet. Stehen zum Beispiel "Cranberrys" an erster Stelle, haben sie den größten Gewichtsanteil.

Pfifferlinge - von wegen frisch!

Er ist der Lieblingspilz der Deutschen. Der Pfifferling - dieser kleine Pilz mit Hut und Stiel, auch Dotterpilz, Rehling oder Eierschwamm genannt. Pilzkenner wissen: knackig fest und goldgelb muss er sein. Und natürlich frisch!

Wer zwischen Juni und November im Wald selber nach Pfifferlingen sucht, pflückt die "Frischegarantie" gleich mit. Bei Pfifferlingen aus dem Supermarkt stößt man schnell auf gefährlich verdorbene Ware.

Das ergab ein Test des NDR-Fernsehens, bei dem ein Pilzexperte stichprobenartig eingekaufte Pfifferlinge aus verschiedenen Supermärkten und Discountern untersucht hatte.

Wenn die Pfifferlinge im Supermarkt angekommen sind, haben sie oft schon einen weiten Weg hinter sich. Der Handel bezieht seine Pfifferlinge nämlich überwiegend aus Osteuropa und dem Baltikum. Jeder zusätzliche Tag in der Transportkette bedeutet aber einen Tag weniger Frische in der Ladentheke. Hinzu kommt, dass Pilze in Plastikfolien verpackt wegen des Kondenswassers schneller verderben als Pilze, die kühl, trocken und luftig gelagert werden.

Wer vergammelte Pilze isst, riskiert schwere gesundheitliche Störungen, in seltenen Fällen ist der Verzehr sogar tödlich. Ein Problem: Oftmals können weder die Mitarbeiter in den Supermärkten, noch die Verbraucher frische Pilze von verdorbenen unterscheiden. Nach Meinung des Pilzexperten Georg Müller sind deshalb mehr und effektivere Kontrollen "dringend erforderlich, um die Verbraucher vor gesundheitlichen Gefahren zu schützen".

Tipps:

[] Pilze kühl, trocken und luftig lagern. Sofort die Folienverpackung entfernen.

[] Pfifferlinge sollten fest, trocken und gelbfleischig sein.

[] Symptome einer Lebensmittelvergiftung können sein: Übelkeit, Fieber, Krämpfe, zuweilen auch Halluzinationen. Im Zweifel einen Arzt aufsuchen.

Der Trick mit den "regionalen" Lebensmitteln

Was die Urlauber, aber auch die Einheimischen am Norden so schätzen, sind nicht nur die Deiche, die saftigen Wiesen und immer mal wieder eine steife Brise im Nacken. Es sind auch die vielen kulinarischen Genüsse, die der Norden seinen Gästen und Bewohnern bietet. Angefangen bei Büsumer Krabbensuppe, über das Sylter Vollkornbrot bis hin zum Hamburger Labskaus. Doch wer jetzt denkt, die Zutaten für das Labskaus kämen zwangsläufig aus Hamburg, die Krabbensuppe hätte auf jeden Fall etwas mit Büsum zu tun und das Vollkorngetreide für das Brot sei auf den Äckern Sylts gewachsen, der irrt oft gründlich.

Immer wieder bewerben die Lebensmittel-Hersteller ihre Produkte mit dem Namen eines Ortes oder einer Landschaft, um beim Verbraucher positive Gefühle anzusprechen und Kaufanreize zu setzen. Es gibt zwar mitunter geschützte Ursprungsbezeichnungen wie Parmaschinken, doch oft werden Konsumenten im Unklaren gelassen: Deshalb können die Krabben in Büsumer Krabbensuppe tatsächlich aus Dänemark oder sonst woher stammen.

Die Hersteller berufen sich darauf, dass es sich um "Rezepturen" handele, die auf der Verpackung beworben würden. Tatsächlich achten Verbraucher aber eher auf die Herkunft als auf die Rezeptur von Lebensmitteln. Und deshalb führen Produktbezeichnungen mit Ortsangaben viele Verbraucher in die Irre.

Tipps:

[] Der Markenname des Produkts sagt nichts über dessen Herkunft aus.

[] Der Sitz des Lebensmittelherstellers sagt ebenfalls nichts über die Herkunft des Lebensmittels aus. So kann zum Beispiel ein Blütenhonig des Herstellers Dreyer mit groß auf der Verpackung angegebenem Sitz in der Lüneburger Heide tatsächlich aus Mexiko stammen. Das steht dann aber nicht groß auf dem Etikett, sondern nur kleingedruckt seitlich auf dem Deckel des Honigglases.

[] Auf die oftmals gesondert angegebene Herkunftsangabe des Lebensmittels achten. Zum Beispiel weist bei der "Büsumer Krabbensuppe" nur ein winziges "DK" im Identifikationsstempel auf den Herstellungsort für die Krabbensuppe hin. Die Krabben selbst können noch ganz woanders gefischt worden sein.

Es ist nicht alles "bio", was so gesund glänzt!

Gesünder will man essen, zur artgerechten Tierhaltung beitragen, und die Umwelt soll auch geschont werden. Seit Jahren boomt der Markt mit Bio-Lebensmitteln. Von 2001 bis 2011 verdreifachte sich in Deutschland der Umsatz von 2,1 auf rund sechs Milliarden Euro.

Längst sind Bio-Produkte, früher nur in Naturkostläden zu haben, in die Regale von Supermärkten und Discountern vorgedrungen. Kaum ein anderes Gütesiegel genießt dabei ein so hohes Vertrauen beim Verbraucher wie die Gruppe der Bio-Siegel für Lebensmittel.

Doch mit der Expansion in den Massenmarkt erodieren zunehmend auch die hohen Qualitätsstandards und Ansprüche an die Erzeuger von Bio-Lebensmitteln. Wer weiß etwa, dass auch Bio-Äpfel für ein gutes Aussehen mit dem Schwermetall Kupfer bespritzt werden? Oder dass Putenfleisch mit dem Bio-Siegel auch von hoffnungslos überzüchteten Puten stammen kann, die sich kaum noch "artgerecht" bewegen können?

Da der Bio-Markt inzwischen auch immer internationaler wird, kommen "Bio-Produkte" zunehmend auch aus dem fernen Ausland, wo kaum jemand die Einhaltung der deutschen Bio-Standards kontrollieren kann. Den deutschen Lebensmittelkontrolleuren fällt es daher immer schwerer, dem Etikettenschwindel mit Bio-Produkten auf die Schliche zu kommen.

Tipps:

[] Nur eingeführten und anerkannten Bio-Siegeln vertrauen.

[] Auf die Herkunft der Bio-Lebensmittel achten. Im Zweifel den Händler fragen.

[] Saisonales Obst und Gemüse kaufen. Das vermeidet lange Transportwege, spart Energie bei der Lagerung und Kühlung, ist gut für die Öko-Bilanz.

[] Weniger Fleisch essen.

[] Bio-Lebensmittel aus ökologischer Landwirtschaft und Tierhaltung findet man in Naturkostläden, Hofläden, Bio-Supermärkten, auf Wochenmärkten und selbst bei konventionellen Lebensmittelketten und Discountern. In vielen Regionen gibt es inzwischen auch die Möglichkeit, sich die Bio-Kiste mit Obst, Eiern und Gemüse ins Haus liefern zu lassen.

Lebensmittelverpackungen: außen hui - innen pfui

Jeder kennt das: Man läuft im Supermarkt am Joghurt-Regal vorbei, plötzlich lachen einen die Kirschen auf den Joghurtbechern an und schwupp - landet der Kirschjoghurt im Einkaufskorb. Wahlweise kann das einem auch passieren, wenn man in der kalten Jahreszeit Lust auf Hühnersuppe bekommt oder mal wieder etwas Asiatisches essen möchte.

Zum Beispiel Nudelsuppe mit leckerem Entenfleisch - das verspricht das Foto auf der Verpackung. Einfach Wasser hinzugeben, aufkochen, und fertig ist der Gaumenschmaus! Doch ist auch wirklich drin, was die Verpackung verspricht? Und wenn ja, wie viel Kirschen enthält der Joghurt, wie viel Huhn die Hühnersuppe und wie viel Ente kommt im Asia-Gericht tatsächlich vor?

Der NDR hat einen Praxis-Test gemacht: Wie viel von dem, was die Hochglanzfotos auf den Verpackungen zeigen, ist wirklich im Fertiggericht enthalten ist. Und so wurden allerlei Gerichte durch ein Sieb gespült.

Das Ergebnis ist niederschmetternd. Statt dicker Kirschen fand der Tester nur wenige Kirschfetzen, bei der Asiapfanne musste er tatsächlich die Pinzette zu Hilfe nehmen, um die winzigen Fleischstücke aufzuspüren, und besonders empörend: Ein Thai-Gericht "Ente" mit dicken abgebildeten Entenscheiben enthielt keine Zutat, die überhaupt etwas mit Ente zu tun hat.

Die Ausreden der Hersteller klingen mutig bis dreist: Die Abbildung der Kirschen auf dem Kirschjoghurt sei keine Mengenangabe, sondern solle anschaulich auf den Inhalt hinweisen, schreibt einer. Und ein anderer freut sich, dass das Produkt trotz des geringen Fleischanteils von nur zwei Prozent sehr erfolgreich sei. Ist also wirklich alles recht, solang es nur dem Verbraucher schmeckt?

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