Telekom-Chef Obermann:Alles einmal durchmischen

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Die Gewerkschaft protestiert, die Regierung applaudiert: An diesem Mittwoch legt Telekom-Chef René Obermann seine Strategie vor

Caspar Dohmen und Claus Hulverscheidt

René Obermann hat die hohen Erwartungen selbst mitverschuldet. Seit seiner Kür zum neuen Telekom-Chef am 13. November ist er Fragen zur Zukunftsstrategie des Konzerns stets ausgewichen und hat auf den Tag verwiesen, an dem er dem Aufsichtsrat darlegen will, wie der ehemalige Monopolist künftig Erfolg haben soll.

An diesem Mittwoch um 13.30 Uhr tagt der Aufsichtsrat um den Post-Chef Klaus Zumwinkel in der Bonner Telekom-Zentrale. Vor der Tür werden Tausende Mitarbeiter gegen die bereits bekannten Pläne Obermanns demonstrieren: 55 000 Mitarbeiter will er in eine Servicegesellschaft auslagern, die Gewerkschaft spricht gar von 60 000.

Spitzenmanager im T-Punkt

Längst wird der ehemalige Eishockeyspieler Obermann wegen seiner Vorgehensweise von Mitarbeitern als "Rambo" oder "T-Rex" beschrieben. Obermann bleibe keine andere Wahl, sagen dagegen hausinterne Befürworter seines Kurses: Über Probleme der Telekom wie den mangelhaften Service werde schließlich schon seit zehn Jahren geredet, passiert sei wenig. Und nun laufe die Zeit gegen das Unternehmen. Wenn keine wirklichen Reformen kämen, könnte die Telekom bereits in zwei bis drei Jahren in eine existenzbedrohende Krise geraten.

Das sei es, was Obermann bei seinen radikalen Umbauplänen antreibe. Da die Konsolidierung der Telekommunikationsbranche anstehe, könne sich kein Unternehmen mehr Sandkastenspiele leisten, sagte ein Analyst. So wurstelten die Festnetz- und die Mobilfunksparte jahrelang vor sich hin. Obermann hat das schnell abgestellt, indem er den Vorständen eine spartenübergreifende Verantwortung für Themen wie Service oder neue Produkte übertrug.

Mit besserem Service will er nun die Abwanderung von gut 100.000 Kunden im Monat stoppen. Deshalb schickte er Spitzenmanager in die T-Punkt-Läden, damit sie die Lage kennenlernen. Und Obermann reagiert selbst auf Kundenbeschwerden, die beispielsweise auf seinem mobilen E-Mail-Empfangsgerät Blackberry einlaufen.

Dringende Notfälle, wie die Hebamme ohne Telefonverbindung, gibt er dann direkt an ein kleines Team von Mitarbeitern. Obermann sucht zumindest gelegentlich die Konfrontation mit den alltäglichen Problemen der Telekom-Kunden und -Verkäufer.

So wichtig der Service und die Kosten sind, so unzureichend sind sie für das Überleben der Telekom als Komplettanbieter. "Gefordert ist eine überzeugende Gesamtstrategie", sagt ein Berater, der bei der Telekom ein- und ausgeht. Dazu gehörten ein überzeugendes Konzept für das Auslandsgeschäft und attraktive Inhalte, um die Kanäle zu füllen.

Der Berater mahnt Tempo an, damit die Telekom bei einer Konsolidierung der Telekommunikationsunternehmen nicht zum Übernahmekandidaten werde. Denn Konkurrenten sind schon weiter. So ist Telefonica aus Spanien stark in Lateinamerika, die britische Firma Vodafone stieg kürzlich im Wachstumsmarkt Indien ein.

Allerdings würde die Regierung einer Übernahme des Konzerns durch einen ausländischen Konkurrenten nicht tatenlos zusehen. "Wir wollen einen nationalen Champion in diesem Bereich, der als Global Player international alle Chancen hat", hieß es in Regierungskreisen. Hinzu komme, dass die Telekom "kein normales Unternehmen" sei, schon wegen der vielen Beamten, die dort immer noch arbeiteten: "Hier hat der Staat auch eine Fürsorgepflicht."

Mit dem Kurs von Obermann ist der Bund als größter Aktionär mit knapp 32 Prozent zufrieden. "Seine Agenda hat den Aufsichtsrat überzeugt, er macht bislang einen guten Job", hieß es in den Kreisen. "Es ist gut, dass er das gesamte Unternehmen einmal auf- und durchmischt." Jetzt gehe es darum, Obermann für den Kampf gegen die "beharrenden Kräfte" im Konzern den Rücken zu stärken und ihn "in Ruhe machen zu lassen".

"Das sagen wir auch denjenigen, die jetzt schon wieder mehr Dampf verlangen", sagte ein Regierungsbeamter offensichtlich mit Blick auf den US-Finanzinvestor und Telekom-Minderheitsaktionär Blackstone. Die Beteiligungsgesellschaft war maßgeblich am Rausschmiss von Obermanns Vorgänger Kai-Uwe Ricke beteiligt gewesen und dürfte über die Ende Januar veröffentlichte erneute Gewinnwarnung der Telekom verärgert sein.

"Wir wollen mittelfristigen Erfolg"

Vorwürfe von Gewerkschaftsseite, das Finanzministerium kümmere der T-Aktienkurs mehr als die Arbeitsplätze bei dem Unternehmen, wurden in Berlin strikt zurückgewiesen. "Wenn das so wäre, hätten wir in der Vergangenheit ganz andere Maßnahmen ergreifen müssen", hieß es in Regierungskreisen.

"Uns geht es darum, dass die Telekom mittelfristig Erfolg hat. Dann steigt auch der Aktienkurs wieder." Auf kurze Sicht gesehen sei die Kursentwicklung dagegen irrelevant, da derzeit für den Bund keinerlei Druck bestehe, weitere Telekom-Aktien zu verkaufen.

Damit nimmt die Bundesregierung vorerst Druck von Obermann, der sich ganz auf den Umbau der Telekom konzentrieren kann. Und vielleicht sogar Zeit findet, sich gelegentlich Familie und Hobbys zu widmen: Beispielsweise, um ein Eishockeyspiel seines Heimatvereins zu besuchen, der Krefelder Pinguine.

© SZ vom 28.2.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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